Alien Dark – Kurzvorstellung eines düsteren Story-Games
1979 erschien ein Sci-Fi-Horrorfilm, der in kürzester Zeit Kultstatus erreichte. Die von dem Schweizer Künstler HR Giger erfundenen Aliens gingen in die Filmgeschichte ein. Ende letzten Jahres erschien das langersehnte Alien RPG bei Fria Ligan, das derzeit von Ulisses Spiele auf Deutsch übersetzt wird. Nun ist mit Alien Dark auch im Indie-Bereich ein bisher nur auf Englisch verfasstes Pen & Paper Rollenspiel zum Thema erschienen. Wir stellen es euch kurz vor.
Alien Dark – Sci-Fi-Horror mit minimalistischen Regeln
Der Titel Alien Dark soll nicht einfach nur düster klingen, sondern setzt sich aus dem namensgebenden Filmfranchise und dem minimalistischen Regelsystem Cthulhu Dark zusammen. Mit 10 A4-Seiten im Querformat hält sich Autor Alun Rees auch an den zu erwartenden minimalistischen Umfang von Cthulhu Dark.
Dieses Spiel ist im Umfeld der Gauntlet-Community entstanden, weshalb diese Community wohl auch die Zielgruppe ist. Das heißt, Alien Dark richtet sich vor allem an Rollenspieler*innen die mit Erzählspielen aller Art vertraut sind.
Auf Seite 2 wird direkt mittels des formalisierten Unterstützungstools „C.A.T.S.“ (Concept, Aim, Tone, Subject Matter) und den Abweichungen zu Cthulhu Dark erklärt, worum es gehen soll und worauf der Fokus des Spiels liegt. In diesem Fall um Alien-Horror und persönlichen Horror im Alien-Universum. Dem folgen kurze Erklärungen zu weiteren Sicherheits- und Unterstützungstools.
Charaktererschaffung und Regeln
Auch die Charaktererschaffung kommt mit nur einer Seite aus. Mittels einer kleinen Tabelle und drei weiteren Aspekten wird ein individueller Charakter erstellt. Es gibt einen Charakterbogen, der über ein Google-Tabellendokument realisiert wurde. Dieser ist für die Gauntlet-Community und die dortige Spielkultur optimiert. Nicht alle finden derartige Dokumente leicht verständlich und zugänglich, daher steht inzwischen auch eine druckbare Lösung bereit. Doch wenn zumindest eine Person in der Gruppe über ein Google-Konto verfügt, ist die browserbasierte Lösung auch mit sehr wenig Bandbreite nutzbar.
Bei der Charaktererschaffung wird deutlich: Wenn nicht zumindest die Spielleitung sich im Alien-Universum auskennt, wird es schwierig, einige der Antworten zu finden, die die Geschichten an den richtigen Stellen vorantreiben können.
Evokative, sehr harte Spielzüge
Die eigentlichen Regeln sind für Cthulhu Dark oder „Forged in the Dark“-Spiele sehr typisch und leicht wiederzuerkennen. Beim Lesen erwecken die Spielzüge auch schnell Erinnerungen an verschiedene Szenen aus Filmen und Comics. Im Besonderen sind hier zwei Spielzüge hervorzuheben.
„Confront a Threat“, einer Gefahr trotzen, gibt eine Vorahnung auf die Sterblichkeitsrate des Spiels. Der erste Satz lautet: „Wenn du einen Krieger oder eine Königin (gemeint sind die der Alienrasse) angreifst, erzähle wie du stirbst.“ Solche maßgeschneiderten Spielzüge betonen das Genre. Allerdings ist zu erwähnen, dass dies von den Spieler*innen einiges abverlangt, um sich darauf einzulassen und damit die Geschichte voranzubringen.
Bei „Seek Relief from the Horror“ geht es darum, den erlittenen Stress abzubauen. Hier wird klar, dass der Horror des Spiels nicht nur auf die Aliens beschränkt ist. Ohne die vorgeschlagenen Sicherheitstools sollte dieser Spielzug besser nicht ausgeführt werden, denn er umfasst ein sehr breites Spektrum an zwischenmenschlichem Horror.
In einem Sci-Fi-Horrorspiel darf auch die Ausrüstung samt Bewaffnung nicht fehlen. Wie bei „Forged in the Dark“-Spielen üblich, wird die Ausrüstung zusammen mit der Beweglichkeit und Tragfähigkeit der Charaktere mittels eines Punktesystems geregelt. Wie die Ausrüstung funktioniert wird über Tags definiert. Alles nicht neu, aber durchaus effektiv für den angestrebten Spielstil.
Hinweise zur Spielleitung
Auf 2 Seiten findet sich der Abschnitt für Spielleiter*innen. Kurz und knackig sind hier Hinweise zu Abenteuerstruktur, Abenteuerideen, Vertiefungen in die Stressmechanik und wie und wann Spielzüge angewendet werden sollten zu finden. Wer ähnliche Spiele kennt kommt damit zurecht, für Einsteiger*innen ist das allerdings sehr wenig.
Wer die Gauntlet-Community kennt oder viel Erfahrung mit ähnlichen Spielen, etwa Powered by the Apocalypse oder „Forged in the Dark“-Hacks hat, wird diesem Regelwerk viele sehr intensive One-Shots entlocken können. Doch für andere Spielleiter*innen wird es wohl schwieriger und es kann einige Zeit dauern, bis Alien Dark zu einem runden Spielerlebnis wird. Auch zum Setting an sich findet sich hier keine Erklärung. Wer also Alien Dark spielen will, sollte sich einige der Filme anschauen oder eine der zahlreichen Zusammenfassungen. Diese sind unter anderem auf Plattformen wie YouTube zu finden.
Alien Dark von Alun Rees ist als PDF kostenlos über Itch.io erhältlich. Wie für die Gauntlet-Community üblich, stehen auch für Alien Dark mehrere ungeschnittene Actual-Play-Videos auf YouTube bereit. Eines davon ist direkt auf der Itch.io-Seite aufgeführt.
Die Gauntlet-Community
The Gauntlet ist eine Rollenspiel-Community, die sich verstärkt mit Indie-Rollenspielen, Erzählspielen und OSR beschäftigt. Dazu gehören ein Blog, mehrere Podcasts, Actual-Play-Videos und eigene Rollenspiel-Publikationen wie Hearts of Wulin oder das Trophy RPG. Außerdem gibt es ein Gauntlet-Forum sowie eine Plattform zum Online-Spielen, über die täglich etliche Spielrunden angeboten werden. Über eine Patreon-Seite ist unter anderem das monatliche Codex Magazine erhältlich. Auch viele internationale Rollenspiel-Designer*innen bewegen sich im Umfeld der Gauntlet-Community.
Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit SalamanderJames, der auch selbst Mitglied der Gauntlet-Community ist und deren Spielkultur gut kennt.