Adventures in Dugatai von Jetpack7 gestoppt
Am 4. März kündigte Jetpack7 Adventures in Dugatai an. Der Band, der über Kickstarter finanziert werden und auf den Regeln von Dungeons & Dragons 5e basieren sollte, hätte den Untertitel „The Mystic East“ tragen sollen. Und genau dort lag das Problem. Bereits kurz nach der Ankündigung wurden erste Stimmen laut, die sich gegen die Pläne stellten. Unter anderem mit Statements wie ‘Please tell me someone isn’t doing an „Oriental Adventures“ in the Year 2020’ von The Lady Doth Thirst auf Twitter. Auch Daniel Kwan – der das Problem von Orientalismus im Podcast Asians Represent! vor einiger Zeit dargestellt hat – sprach Jetpack7 direkt an und gab die Empfehlung aus, Adventures in Dugatai noch einmal angemessen zu überarbeiten.
Was war passiert?
Wie im Twitter-Beitrag zu sehen ist, kündigten Jetpack7 ihren Band für ein Kickstarter-Projekt an, das am 10. März starten sollte. Der Name? Adventures in Dugatai – The Mystic East. Damit ist also auch ohne weitere Details relativ unschwer zu erahnen, dass es sich um ein asiatisches Setting handeln sollte. Die Befürchtung vieler User: Ein Band voller Stereotype und Fetischisierung der Kultur.
Zwar versicherte Jetpack7, dass dies keineswegs ihre Absicht sei, Fehler scheinen allerdings dennoch gemacht worden zu sein. Der Grund dafür war laut Geek Native der angeheuerte Consultant. Scheinbar habe er ihnen geraten, einfach auf das Wort orientalisch zu verzichten und dann würde der Rest schon in Ordnung gehen. Ein Irrglaube, wie das Unternehmen nach der Reaktion der Community feststellen musste. Bereits erwähntes Oriental Adventures, das 1985 für Advanced Dungeons & Dragons erschien, gilt als repräsentatives Beispiel für die erwähnten Befürchtungen – wer sich dafür interessiert, wieso das so ist, dem sei der erwähnte Podcastbeitrag von Asians Represent empfohlen.
Wie reagiert Jetpack7?
Jetpack7 reagierte auf die Kritik mit einem Maßnahmenpaket, um den angerichteten Schaden einzudämmen. Vorerst auch mit der Absicht, das Projekt doch noch zu realisieren. In einem ersten Schritt wurde Joshua Mendenhall engagiert, ein in der asiatischen RPG-Szene bekannter Experte, der sich sehr positiv über das Unternehmen äußerte. Außerdem entschuldigte man sich in einem Statement und kündigte bereits erste Schritte an, um den Band zu verbessern und auf das Feedback zu reagieren.
Außerdem bedankten sich die Entwickler bei ihrer Community für das viele konstruktive Feedback. In einem ersten Schritt wurde der Untertitel „The Mystic East“ gestrichen. Außerdem versicherte Jetpack7, dass sie ein diverses Setting geplant hatten und keinen Mix aus Stereotypen.
Von Mendenhall kam außerdem großes Lob für den Umgang der Macher mit der Kritik. Er bezeichnete die Leute hinter Jetpack7 als „gute Menschen“, die schlicht und einfach schlecht beraten wurden. Außerdem sagte er, dass sie, im Gegensatz zu vielen anderen, gerne bereit waren, ihm zuzuhören und seine Vorschläge anzunehmen. Auch attestierte er ihnen, keinesfalls in rassistischer Absicht gehandelt zu haben.
Einstellung des Projekts von Jetpack7
Letztendlich führte dann die Kritik aber doch dazu, dass das Unternehmen das Projekt am 06.03. komplett einstellte. Der Grund dafür findet sich ebenfalls in dem Entschuldigungsbrief.
After further consideration of the feasibility of this project in terms of our resources, and what time we can devote to this project to make it in a way that is acceptable and respectful for all, we have canceled this project. It does not sit well with us that people are upset. This, above all else, is unacceptable to us. We also do not wish to contribute to further divisions between people.
Jetpack7
Zuvor wurde der erwähnte Entschuldigungsbrief mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Stark kritisiert wurde beispielsweise, dass in dem Schreiben bereits Mitte April als neues Datum für ein Crowdfunding in Betracht gezogen wurde. Dadurch wurde beispielsweise in Frage gestellt, wie viel Zeit und Ressourcen in die Überarbeitung des Projekts fließen würden. Auch fühlten sich ein paar Mitglieder der RPG-Community von dem Schreiben nicht ausreichend ernst genommen.
Was zeigt dieses Beispiel?
Auch wenn Jetpack7 in der Folge der Kritik letztendlich gut reagiert und das Projekt eingestellt hat, ist doch nicht alles optimal gelaufen. So hat dieses Projekt auch gezeigt, dass es auch in der Rollenspielszene immer noch ausreichend Unbedarftheit im Umgang mit fremden Kulturen gibt. Ein Umstand, der sich zum Teil natürlich auch im Umgang mit anderen sensiblen Themen niederschlägt. Was dabei jedoch weiterhin positiv zu erwähnen ist, ist die Bereitschaft, sich weiterhin mit dem Thema zu beschäftigen und aus Fehlern zu lernen. Auch zeigen aktuelle Publikationen häufig immer stärker einen sensiblen Umgang mit dem Thema, was sich auch in Werken wie Roll Inclusive niederschlägt.
Was meint ihr?
Den Band Adventures in Dugatai wird es also nicht geben. Was bleibt, ist eine besonnene und vernünftige Reaktion eines Publishers, der sich nicht scheut, einen Fehler einzugestehen. Wie steht ihr zu dem Thema? Findet ihr, Jetpack7 hat richtig gehandelt? Oder findet ihr es falsch, das Projekt jetzt einzustellen? Erzählt es uns in den Kommentaren.
Ich verstehe die Aufregung nicht. Wenn es Leute gibt, die in einem klischeebehafteten Setting spielen wollen (und die gibt es), warum sollten die nicht mit Produkten dafür bedient werden? Gerade die Überhöhung von Klischees macht es doch reizvoll. Oder werden demnächst auch Filme wie Kung Fu Panda oder Kung Fu Hustle von SJW angegangen, weil sich jemand auf die Füße getreten fühlen könnte? Wem‘s nicht gefällt brauch es ja nicht zu kaufen. Es geht immerhin nur um reine Fantasie, nicht um den Versuch einer akkuraten historischen Darstellung. Erlaubt ist, was gefällt.
Klischees sind eine Sache, um die ging es hier auch nicht.
Als nicht betroffener ist es schwerer zu erkennen versteckten (sogar den Autoren unbewussten) Rassismus zu erkennen oder wie manche unter Dingen, wie sie in Adventures of Dugatai dargestellt werden, leiden. Was einem im eigenen Wohnzimmer gefällt oder gespielt wird ist davon nicht betroffen. Dabei geht es hier nicht mal um „SJW“.
Gerade Kung Fu Panda und Kung Fu Hustle sind Beispiele für Filme, die uklig albern und voller Kilschees sind, jedoch nicht das inne tragen, was die Probleme mit Adventures of Dugatai waren.
…magst Du hier vielleicht ins Detail gehen, WELCHE Dinge versteckt rassistisch und problembehaftet waren an „Adventures of Dugatai“?
Beschäftigt man sich mit Orientalismus ist es möglicherweise ersichtlicher, es ist leider nicht so leicht zu verstehen und aus den Kommentaren lese ich es auch heraus. Hätte man vielleicht noch unsererseits etwas mehr erörtern können.
Als persönlich Betroffener hätte ich den Band einfach ignoriert, ich spiele aus diversen Gründen auch nicht so gerne L5R, ich konnte den Aufschrei der Community aber nachvollziehen. Das es gecancelled wurde – hm… ich hätte eine starke Überarbeitung auch cool gefunden, scheinbar war es nach Mendenhalls Überprüfung dann doch einfach zu viele Baustellen für Jetpack 7.
Also anhand dieses Artikels kann ich jetzt auch nicht so ganz das eigentliche Problem nachvollziehen.
Ich will jetzt hier auch keine Grundsatz-Diskussion vom Zaun brechen, aber wenn ich bspw. ein klasssiches Fantasy-Setting spielen will, wo in einem Teil der Welt Hexenverbrennungen stattfinden. so ist das für mich auch Klischeebeladen und Stereotyp. Dennoch glaube ich jetzt nicht, dass da Rollenspielerinnen auf die Barrikaden gehen und das Produkt boykottieren, weil es Stereotype bedient und es die Rolle der Frau in einem mittelalterischen Setting schlecht repräsentiert. OK… es sei denn ich kann da als Frau nur Hexen spielen, die verbrannt werden…
Und wenn ich jetzt Rollenspiel in einer Ninja-Samurai Welt spielen will, in der es zu geht wie den „Everything is better with Ninjas“ Trash-Movies von Jospeh Lai, dann wäre das extrem klischeebehaftet, stereotyp, albern und spaßig. Aber ich würde nicht im Traum daran denken, dass diese Stereotype irgendetwas mit der Realität zu tun haben.
Darf man jetzt in einem Fantasy-Setting auch grundsätzlich keine Prinzessin mehr retten, weil es Stereotype bedient?
Dürfen in einem asiatischen Setting keine mystischen Priester und Samurai mehr vor kommen?
Also nicht, dass ich Bock hätte sowas zu spielen.. aber wer das spielen will.. ist der dann ein schlechter Mensch?
Ach herrje.. jetzt klinge ich auch schon wie ein weißer alter Mann von der AfD…
ABER DAS WIRD MAN JA WOHL NOCHMAL SAGEN DÜRFEN!!!111!!!!!
Ich hoffe mal, ich habe das eigentliche Problem einfach nicht verstanden….
Das stimmt, um Stereotypen ging es gar nicht primär. Meiner Meinung nach noch nicht mal sekundär.
Zitat aus dem o.g. Twitter-Feed:
Na, wenn das mal keine rassistisch Einstellung ist. Menschen mit heller Hautfarbe sollten keine mystisch angehauchten orientalischen Fantasy-Settings herstellen dürfen? WTF?
Es geht hier doch ganz klar nicht um reale Historie. Hätten diese Leute auch z.B. einem Greg Stafford das Recht dazu abgesprochen, Pendragon zu veröffentlichten, wenn er aus Afrika oder Asien entstammt wäre? Und was ist z.B. mit diesem Buch eines brasilianischen Autors über ein mystisches Island? Durfte der das in den Augen dieser Verblendeten etwa auch nicht?
Schade, dass Jetpack7 vor diesen SJW eingeknickt ist. Denkverbote, weil sich Heuchler echauffieren wollen, brauch die Welt nicht. Erlaubt ist, was gefällt.
Die Einstellung des Settings war eine einvernehmlich freiwillige Entscheidung von Jetpack 7 nachdem sich Beraten wurde, was man überarbeiten könnte. Welche Gründe sie letztlich dafür hatten, es einzustellen werden wir als Aussenstehende nur erahnen oder subjektiv hineininterpretieren können.
Ich persönlich finde „Erlaubt ist was gefällt“ sollte nicht die Ausrede für alles sein, es hat vielen nicht gefallen – nach der Logik müsste es dann ja nicht erlaubt sein?
Ich würde dich bitten sachlich zu bleiben und nicht weiter in den Nazijargon a la „SJW“ zu verfallen, das muss nicht sein!
Es geht überhaupt nicht darum, was weiße Menschen „dürfen“ oder nicht dürfen. Es geht darum, dass Werke, die sich an realen Kulturen orientieren, diesen eine respektvolle Darstellung widmen. Und dafür wünschen sich Betroffene eben sogenannte Own-Voice-Autor:innen. Das hast du doch auch selbst ausdrücklich zitiert. Es geht darum, dass Menschen aus dem betroffenen Kulturkreis davon profitieren sollten – auch finanziell, als Autor:innen oder Consultants usw. – und nicht Weiße ihnen fremdes Kulturgut vermarkten sollten.
Hast du schonmal mit den Augen gerollt, wenn z.B. in amerikanischen Werken europäisches Mittelalter oder andere historische Epochen vollkommen absurd dargestellt wurden? So ähnlich geht es vermutlich Menschen aus Asien oder Afrika, wenn von Weißen produzierte Medien ihre Kulturen vollkommen verhunzen – und dafür absurde Geldbeträge scheffeln (7th Sea Khitai, anyone?).
Nur dass asiatische oder afrikanische Menschen in den dargestellten Stereotypen oft sehr schlecht wegkommen (hier endet die Parallele zu europäischer Aneignung durch Amis oder deinen fiktiven brasilianischen Autoren) und sich die dort präsentierten Darstellungen ins echte Leben fortsetzen und die Betroffenen unter echtem Rassismus leiden bis hin zu „wer kriegt den Job“, „wen erschießt der weiße Polizist ohne zu fragen“ und „wen jagen Neonazis durch die Straßen“.
Hier spricht sicher niemand „Denkverbote“ aus, sondern die Community wünscht sich eben Produkte, die von Own-Voices-Autor:innen hergestellt oder zumindest betreut werden. Wenn Menschen mit heller Hautfarbe also unbedingt ganz dringend „mystisch angehauchte orientalische Fantasy-Settings“ herstellen müssen – im Gegensatz zu allen anderen Möglichkeiten, die ihre Fantasie bietet – sollen sie eben Betroffene in ihr Team holen und daran mitwirken und mitverdienen lassen, um einen respektvollen Umgang mit den entsprechenden Themen zu bewirken.
Und genau das wurde gefordert – auch gerade in deinem Zitat oben! – Jetpack7 haben es probiert und dann entschieden, dass es nicht in ihren Möglichkeiten liegt und das Projekt abgesagt. Ökonomisch vermutlich eine sinnvolle Entscheidung, denn ein Produkt trotz Gegenwind aus der Zielgruppe durchzusetzen, das am Ende nicht gekauft und/oder gebackt wird, verschwendet unnötige Ressourcen.
Man kann getrost ziemlich unbedarft an alle Kulturen herangehen, solange nichts diskriminiert oder Herrenrassegetue ist. Kulturen sind nichts heiliges. Die Diskussion um versteckten Rassismus und Mikroagressionen, die einem selbst nicht auffallen können, weil man irgendwie nicht die ethnischen Bedingungen erfüllt, speist sich selbst aus völkischem und rassischem Denken. Im Gegensatz zu dieser ewigen Leier, ein weißer könne ja nicht nachvollziehen, ist dies ein nachvollziehbares Argument. Die Entscheidung ist Blödsinn.
Definitiv hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben, es wurde halt diese Entscheidung getroffen. Das man bis heute jedoch diese Diskussionen immer noch für notwendig erachtet zeigt jedoch, dass irgendjemandem immer noch etwas daran liegt.
Als man sich bei Masseffect Andromeda über die fehlenden Gesichtsanimationen und Romanzenoptionen aufgeregt hat, wurde das auch nachträglich überarbeitet – Hätte man auch ignorieren können. Nichts anderes ist das hier aus meiner Sicht: Ein Teil der Community wollte etwas anderes, man hat diesem Teil Recht gegeben und sich entschieden es nicht zu machen.
Besonders wichtig sind diese Diskussionen Menschen die einer identitären Idee nachhängen, die z.B. in fünfter Generation in den USA leben, Teil der Mittelschicht aufwärts sind und in Asien ebenso fremd sind wie Hinz und Kunz, aber sich nicht anders beschreiben können als über irgendwelche Vorfahren und Traditionen ihrer Urgroßeltern, die sie selbst nicht verstehen und nicht leben.
Ähnlich, wenn auch nicht gleich, wie die Trachtengruppenkinder der Landsmannschaften aus den Aussiedlergebieten, die örtliche „Brauchtumsfürsorge“ u.ä.
Kulturen ändern sich, teils auch mit Aneignung. Wer hingegen Stereotype in Rollenspielen angehen will, sollte mal seine Konsequenz darin hinterfragen.
Ich kann die Sehnsucht irgendwo heimisch sein zu wollen, schon nachvollziehen. Ich habe für mich jedoch aufgegeben, einer Wunschidee dessen wo ich mich heimisch fühlen würde nachzulaufen.
Ich glaub man verfängt sich hier aber gerade in Annahmen und interpretiert zu viel hinein. Das positive hier finde ich einfach, dass Jetpack 7 gemerkt hat, dass etwas über dem üblichen Internet-Storm hinaus etwas nicht zu stimmen scheint und sich entschieden hat dem nachzugehen – ob man das ganze jetzt wirklich hätte absagen müssen, können wir mit dem vorliegenden Kenntnisstand schlichtweg grad nicht beurteilen. Dadurch ist die Entscheidung aber nicht automatisch Blödsinn.