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Richtig Spielleiten – aller Anfang ist schwer

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Vor einiger Zeit ist die Anfängerfibel für Spielleiter im System Matters Verlag erschienen. Ich habe mir das Werk mal etwas genauer angeschaut und möchte gerne ein paar Anmerkungen und Ergänzungen geben. Du wirst vielleicht sagen: Tipps fürs Spielleiten, die liefert doch mittlerweile fast jedes System. In der Tat haben manche Systeme sogar ganze Bände nur für dieses Thema. Es sind aber eben Bände oder immerhin große Kapitel. Neulinge werden dort in den allermeisten Fällen vom Input erschlagen.

Hier setzt die Anfängerfibel an. Sie bietet eine Reihe hilfreicher Ratschläge auf nur 13 Seiten. Dabei sind 5 Tipps unmittelbar für die erste Runde und ein paar weiterführende Ratschläge enthalten. Diese Tipps sind explizit fürs Spielleiten. Also nicht die üblichen Hinweise für Anfänger, wie „Was ist Rollenspiel?“ u.ä.

Der Fokus liegt nicht nur auf dem Willen, den zukünftigen Spielleiter nicht zu überfordern, sondern will ihm vor allem die Angst nehmen. Letzteres spiegelt sich direkt im ersten Rat wider: Ein guter Spielleiter fällt in der Regel nicht vom Himmel. Zudem gibt es die perfekte Runde nicht. Irgendwo hakt es immer. Eine gute Vorbereitung ist wichtig, darf aber nicht überbewertet werden.

Richtig Spielleiten – Hinweise für den ersten Abend

Hat er wirklich richtig Spielleiten geschrieben? Ja habe ich. Das ist natürlich Unfug. Das EINE richtige Spielleiten gibt es nicht. Jede Gruppe hat andere Vorlieben. Genauso hat jeder Spielleiter andere Vorlieben. Am Ende wollen alle Spaß haben. Ja, auch der Spielleiter sollte seinen Spielspaß im Auge haben und diesen möglichst mit den Wünschen der Spieler in Einklang bringen. Ich behaupte sogar, dass nur der Spielleiter, der Spaß an dem hat was er spielt, die anderen Spieler begeistern kann.

Hierauf zielt der nächste Ratschlag in der Anfängerfibel ab. Genau genommen ist er Teil eines wichtigen Prinzips. So soll der angehende Spielleiter alle Punkte ignorieren, bei denen er kein gutes Gefühl hat. Meiner Meinung nach ist dieses Prinzip eines der wichtigsten, um dauerhaft Spaß zu haben. Auch für die Abenteuergestaltung ist es unbedingt zu berücksichtigen. Egal ob gekauftes oder eigenes Abenteuer, sobald dir etwas nicht gefällt, lass es weg oder ändere es ab! Nichts wird langweiliger als eine Szene, durch die sich die Spielleitung durchmühen muss.

Diesen Punkt möchte ich sogar erweitern. Streiche das, was dir nicht gefällt und besinne dich auf das, was du kannst. Vielleicht weißt du schon, ob dir z. B. das Beschreiben von speziellen Orten gut liegt oder das Schlüpfen in bestimmte Rollen. Falls nicht, ist das auch nicht schlimm. Du wirst am ersten Abend schon merken, was dir leicht fällt und was schwer, was bei den Spielern gut ankommt und was nicht. Nutze das! Bleibe länger bei den Dingen, die funktionieren, und kürze ab, wenn etwas nicht funktioniert. Orientiere dich im weiteren Verlauf an starken Momenten und beginne diese zu variieren.

Binde die Spieler mit ein – ihr seid nicht im Kino

Natürlich steht und fällt das Spiel nicht nur mit dem Spielleiter. So wirbt die Anfängerfibel: „Sei der größte Fan deiner Spieler!“. Du sollst also daran denken, mit ihnen zusammen zu spielen und sie notfalls nach ihrer Meinung zu fragen. Denn erst die Spieler hauchen deiner Geschichte Leben ein. Also unterbinde nicht jede Idee, die nicht in deinem Plan vorgesehen war. Lass dich vielmehr davon inspirieren. Erfrage, wie die Ideen genau aussehen. Erkläre gut, wenn du etwas ablehnst. Auch letzteres ist meiner Meinung nach ein legitimes Mittel. Eine gewisse Herausforderung muss es schließlich geben.

Ein Punkt, der in der Anfängerfibel etwas zu kurz kommt, ist die sonstige Interaktion mit den Spielern. Richtigerweise schlägt der Ratgeber vor, zeichne Karten oder nutze Karteikarten für wichtige Dinge, wie Orte und NSC. Meiner Erfahrung nach funktioniert gerade so etwas sehr gut, wenn dabei die Spieler involviert werden. Lass sie also teilhaben, lass sie Karten zeichnen oder Notizen zum Abenteuer vornehmen. Mitmachen macht meistens mehr Spaß als Zugucken. Gleiches gilt für die Rekapitulation des letzten Spielabends. Greife aber unterstützend ein, wenn ein Missverständnis vorliegt oder eine entscheidende Information vergessen wurde.

Vermeide Längen – häufig ist weniger mehr

Während im Spiel nichts passiert, können die Spieler nichts machen. Daher vermeide unnötige Längen. Dazu gehören, wie die Anfängerfibel benennt, lange Introbeschreibungen, sei es der Hintergrund der Welt oder die Vorgeschichte des Abenteuers. Einzelne Elemente hiervon können bei Bedarf immer noch nachgeliefert werden. Aus eigener Erfahrung gilt gleiches z. B. auch für Reisen, Schlachten o.ä. Passiert etwas Relevantes, spiele es aus, passiert nichts, überspringe diese Episode mit einer kurzen Beschreibung.

Regeln nachschlagen fällt im weitesten Sinne ebenfalls unter diesen Punkt. Geh davon aus, dass sich mindestens zwei bis drei Spieler langweilen, während andere in den Büchern suchen. Außerdem unterbricht allzu häufiges oder langwieriges Nachschlagen ständig den Spielfluss. Eine passende Atmosphäre baut sich dann nicht auf. Mit dem Abenteuer mitfiebern können die Spieler dann ebenfalls nur eingeschränkt.

Zu guter Letzt möchte ich aber nochmal den Gedanken der Erwartungshaltung aus der Anfängerfibel aufgreifen. Trotz aller Spielleitertipps, und auch trotz zunehmender Erfahrung, wird es immer gute und schlechte Abende geben. Letztere wirst du immer weiter reduzieren können. Aber gerade am Anfang wirst du immer mal wieder stolpern, aufstehen und sehen, dass es trotzdem weiter geht und besser wird. Aus Fehlern lernt man bekanntlich am besten. Es ist frustrierend, von Anfang an zu erwarten, dass die Runden perfekt werden, und dann nie zufrieden zu sein.

Wie denkt ihr darüber? Stehst du gerade selber vor deinem ersten Spielleiterjob? Hast du Fragen oder kannst den Tipps nicht folgen? Bist du vielleicht schon länger Spielleiter und hast andere Erfahrungen gemacht? Lass uns daran teilhaben, mich interessiert sehr, wie es dir zu Anfang oder auch später erging.

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Gumbald

Schöner Artikel, der meines Erachtens viele der wesentlichen Punkte rund ums Spielleiten aufgreift.

Mein Anspruch als Spielleiter ist immer: Gehe nicht davon aus, das alles perfekt läuft. Aber lerne aus jeder Spielsitzung, damit die nächste noch besser wird. Spielleiten ist eine „Live-Situation“, nach einer Sitzung hat man für einige Szenen häufig bessere Ideen. Das ist normal! Man sollte auch keine Angst davor haben, sich von den Spielern Feedback zu holen. Spieler sagen gerne „Heute war es echt toll!“ aber selten: „Der Punkt hat mir heute nicht gut gefallen“. Ich versuche das so zu lösen, in dem ich vor dem Beginn der nächsten Spielsitzung ein Thema zur Sprache bringe, von dem ich glaube, dass es in der letzten Sitzung nicht so richtig perfekt lief. Ich fange also mit Selbstkritik an, um zu zeigen, dass ich für Kritik offen bin, um das Eis zu brechen. Denn das oberste Ziel eines Spielabends ist immer: Spaß haben. Alles andere hat sich dem Spaß unterzuordnen und kann verhandelt werden.

Und wie im Artikel erwähnt: Auch der Spielleiter soll Spaß haben, und sich nicht nur als Dienstleister sehen – sollte aber auch nicht seinen Spaß daraus ziehen der „Folterknecht“ der Gruppe zu sein. Ich habe da letztens einen schönen Satz gelesen, der auf Deutsch übersetzt ungefähr so lautet:
Als Spielleiter bist du in der Vorbereitung der Gegner der Gruppe, aber am Spielabend bist du ihr größter Fan.

Gumbald

Natürlich wäre es am Besten, direkt am Ende einer Session problematische Dinge anzusprechen. Manchmal machen wir das auch. Aber häufig fallen mir Dinge, die ich ansprechen will, erst viel später ein, und die spreche ich dann in der nächsten Session an.
Ich veranstalte da auch nicht ellenlange Feedback-Gespräche. Ich halte es für besser, häufiger mal für ein paar Minuten locker über ein paar Dinge zu sprechen, als dass sich langfristig Dinge aufstauen und dann irgendwann „entladen“.
Bei solchen kleinen Gesprächen können auch ganz nebenbei Missverständnisse ausgeräumkt werden. Ich hatte einmal bspw. den Fall, dass mich dann ein Spieler fragte: „Sag mal, beim letzten mal bei der Szene X, da wollte ich ja eigentlich Y machen, aber du bist da gar nicht darauf eingegangen. Ich habe vermutet, dass meine Aktion dir eventuell nicht in den Kram passte und du mich deshalb übergangen hast.“
In Wirklichkeit war es einfach so, dass sich da die Ereignisse überschlagen haben, sehr viele Leute gleichzeitig etwas tun wollten und ich einen Spieler einfach vergessen habe. Das kann halt mal passieren. Aber so kann ich dann dem Spieler sagen: „Oh, tut mir leid! Mir ist im Nachhinein auch aufgefallen, dass du in der letzten Session etwas zu kurz gekommen bist, aber die von der angesprochene Aktion habe ich einfach nicht mehr auf dem Schirm gehabt. Sag beim nächsten mal bitte Bescheid!“

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