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Zine Quest 2 – die RPG-Zine-Challenge geht in die 2. Runde

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Letztes Jahr im Februar starteten auf Kickstarter unter dem Titel Zine Quest etliche Minikampagnen für Fanzines rund um das Thema Pen & Paper Rollenspiel. Viele der Projekte brachten über den Verlauf des Jahres äußerst erfolgreich kleine oder größere Hefte mit mehreren Dutzend Seiten hervor. Nun geht Zine Quest 2020 in eine zweite Runde und hat schon enorm Fahrt aufgenommen.

Worum geht’s im Zine Quest?

Das Projekt Zine Quest stellt eine Art Aufruf an Spieledesigner*innen und Rollenspielbegeisterte dar, in Minikampagnen die Umsetzung eines Zines rund um Rollenspielmaterial zu finanzieren. Man kann sich das etwas wie eine „Challenge“ oder einen „Jam“ vorstellen, einen Entwicklungs- oder Schreibwettbewerb, allerdings nicht notwendigerweise gegeneinander, sondern vor allem parallel. Kreative in der Rollenspielszene werden zur ungefähr gleichen Zeit (Februar) aktiv und starten eine kleine Kickstarter-Kampagne, um Unterstützer*innen zu gewinnen und über die folgenden Monate ihr Zine entwickeln und veröffentlichen zu können.

Was ist eigentlich ein Zine?

Diese Frage zu beantworten ist gar nicht so einfach. Der Begriff rührt vom englischen „magazine“ her und wird entsprechend auch /ziːn/, also „ZEEN“ ausgesprochen. Er bezeichnet kleine Publikationen, die von Amateur*innen mit sehr einfachen Mitteln selbst herausgegeben und vervielfältigt werden. Typischerweise fand und findet man Zines in Subkulturen, marginalisierten Gruppen, in Fandoms oder in Hobbygruppen – wie eben auch der Rollenspielszene. Zines wurden vor allem früher oft handschriftlich oder auf der Schreibmaschine erstellt, Illustrationen wurden als Zeichnungen oder Collagen eingefügt, die Seiten fotokopiert und geheftet, getackert oder auch einfach lose ineinander gelegt. Auflagenzahlen reichten von mehreren 100 bis 1.000. Früher war Kopieren eben noch wesentlich teurer und aufwändiger als heute. In der Anfangszeit des Rollenspiels stellten Zines wichtige Möglichkeiten dar, die Spieler*innenschaft zu vernetzen.

Wir haben beim Erzählspiel-Zine nach deren Verständnis von Zines gefragt:

Ein Zine ist ein Magazin von Fans für Fans, früher oft mit geringsten Mitteln realisiert. Glücklicherweise stehen uns heute mehr Möglichkeiten zur Verfügung, so wie beim Erzählspiel-Zine die digitale Form einer Website, aus der eine druckbare PDF-Datei erzeugt wird. Ein großer Punkt ist bei uns die Leidenschaft für das Thema. Das Zine wurde geboren, weil Tina und ich große Fans des „Genres“ [Erzählspiele] sind und weil es für Erzählspiele in Deutschland so noch kein Zine gab. Für uns bedeutet das Zine, neben uns auch anderen Menschen eine Plattform zu bieten, auf der sie sich zum Thema verwirklichen können. Sei es mit Textbeiträgen oder gestalterischen Mitteln wie Illustrationen und Titelbildern. Wir haben zwar teilweise mit den technischen Möglichkeiten schon Erfahrung, finden das Erstellen einer neuen Ausgabe als Amateur*innen aber immer wieder spannend.

Thorsten Panknin & Gerrit Reininghaus vom Erzählspiel-Zine

Zine Quest 2 auf Kickstarter

Am 2. Februar dieses Jahres ist Zine Quest 2 gestartet. Seitdem sind bereits über 80 Minikampagnen gestartet, die ersten enden in wenigen Tagen bereits wieder.

Der vorgegebene Rahmen, wenn auch nicht verbindliche Regeln, sieht folgendermaßen aus:

  • Zines müssen entweder ein eigenständiges Rollenspiel oder aber rollenspielbezogene Inhalte enthalten. Darunter fallen z. B. Karten, Abenteuer, Monster, Comics, Artikel, Interviews und vermutlich eine Menge andere Materialien.
  • Zines müssen im A5-Format (5,5 × 8,8 Inches) oder kleiner gehalten sein.
  • Die Zines müssen einfarbigen Druck verwenden. Das muss jedoch nicht zwingend Schwarz auf Weiß sein, farbige Tinte und/oder buntes Papier sind auch zugelassen.
  • Zines müssen ungebunden, gefaltet, geheftet, getackert oder mit Fadenbindung versehen sein. Hardcover oder „perfekte Bindung“ sind unzulässig.
  • Die Kampagnen sollen nicht länger als zwei Wochen laufen, damit man sich auf einen schaffbaren Projektumfang beschränken kann. In diesem Wortlaut ist die Regel eher vage und weniger verbindlich formuliert, wird aber zumeist eingehalten. Im ersten Zine Quest gab es keine verbindliche Begrenzung, sodass die Kampagnen in ihrer Länge sehr unterschiedlich ausfielen.

Die Zine-Quest-Kampagnen sind also ausdrücklich für die Herstellung von sehr kleinen Printpublikationen ausgelegt. Dennoch ist bei praktisch allen auch eine digitale Version erhältlich, oftmals nur für einen geringen symbolischen Betrag.

Teilnehmen kann im Grunde jeder, der sich die Umsetzung eines Zines zutraut. Unter den Projekten finden sich zwar auch einige von erfahrenen Spieleentwickler*innen und Veteran*innen der Rollenspielwelt. Die allermeisten sind jedoch Erstlingswerke von Fans und Nachwuchsautor*innen, zumindest auf Kickstarter bezogen. Viele unterstützen bekannte Systeme mit neuem Spielmaterial, einige publizieren systemneutrale Inhalte. Ein sehr hoher Anteil stellt auch eigens entwickelte Rollenspiele unterschiedlichster Art zur Verfügung.

Einige Beispiele von 2019

Bei den Zine-Quest-Beiträgen handelt es sich in den allermeisten Fällen um Minikampagnen, zumindest für Crowdfunding-Dimensionen. Die Finanzierungsziele betrugen meist nur einige Hundert Dollar, manchmal gab es wenige Stretch Goals in ähnlichen Abständen. Fast alle Kampagnen wurden dadurch zumindest finanziert. Allerdings kam es aber auch vor, dass einige ihr Ziel um ein Vielfaches übertrafen.

Eines der finanziell erfolgreichsten Zines war mit gut 43.000 $ A Pound of Flesh, das Zusatzmaterial für das Sci-Fi-Horror-RPG Mothership bereitstellte. Eine der höchsten Unterstützer*innenzahlen erreichte Girl Underground mit 1.531 Backern. Das eigenständige, PbtA-basierte Rollenspiel erzielte eine gewisse Reichweite und wurde beispielsweise im One Shot Podcast gespielt. Überhaupt waren PbtA-Ableger vergleichsweise gut vertreten. Ein anderes sehr erfolgreiches Beispiel war das western-inspirierte Casket Land, das bei immerhin 1.399 Unterstützer*innen insgesamt fast 22.000 $ zusammenbrachten. Escape from Dino Island, das hier im +1 Forward Podcast vorgestellt wird, erreichte mit 2.127 $ und 216 Backern typischere Zine-Quest-Dimensionen.

Alte Schule, neue Ideen

Natürlich fanden sich unter den Beiträgen viele Old-School-Fantasy-Zines. The Tomb of Black Sand liefert beispielsweise einen systemneutralen Dungeon, der immerhin gut 11.000 $ einbrachte und 663 Unterstützer*innen fand. Für das beliebte Dungeon Crawl Classics fanden sich mehrere relevante Beiträge, etwa Metal Gods of Ur-Hadad oder Terror of the Stratosfiend.

Doch es gab auch einige weniger traditionsreiche Beiträge. Mall Kids stellte etwa ein leichtgängigeres Spiel dar, bei dem Teenager in einer Shopping Mall jobben. Und nicht alle Zines waren furchtbar ernst gemeint: Was genau sich hinter Cats & Cats verbirgt, können Außenstehende nur vermuten.

Diese Zines stellen nur Auszüge aus dem damaligen Zine Quest dar. Leider stellt Kickstarter selbst keine vollumfängliche Liste bereit. Teylens Crowdfunding-Übersicht für Februar 2019 bietet immerhin einen ungefähren Überblick über die Vielfalt, die in diesem Jahr noch übertroffen zu werden scheint.

Zine Quest 2 – eine Auswahl

Die Aktion läuft seit einer guten Woche und in Kürze werden die ersten Projekte abgeschlossen sein; viele enden um den 15.–17.02., einige auch später. Auch in diesem Jahr sind die Beiträge zu zahlreich, um sie hier alle aufzulisten, deshalb beschränken wir uns auf einige spannende Beispiele. Bei Teylen finden sich wieder ausführlichere Auflistungen, die vermutlich in den folgenden Wochen erweitert werden, und auch Cannibal Halfling diskutiert und listet einige Zines.

Pflanzen, Monster und ganz viele Beine

Die Vielfalt der Angebote im Zine Quest 2 übertrifft sogar die des letzten Jahres. Natürlich sind wieder etliche Vertreter klassischer Fantasy-Rollenspiele dabei. OSR-Zines sind zahlreich, D&D 5e oder DCC sind aber auch gut vertreten. Manche Zines bewegen sich aber auch in ungewohntere Territorien. Deadly Garden bietet beispielsweise Pflanzenmonster für D&D an, One of Us enthält ein Weird-Americana-Setting für Dungeon Crawl Classics, Saturnine Sanctuary bietet eine Monstersammlung für Dungeon World an und Centipedes! stellt eine systemneutrale Spielhilfe zum Thema Hundertfüßer dar.

Die Art der Produkte reicht von Abenteuern und Kampagnen über Spielhilfen und Zusatzmaterial bis hin zu eigenständigen Spielen, von denen einige gar nicht mehr so recht in den Kontext von Erzähl- und Rollenspielen passen. Zine-o-Map bietet eine Auswahl an Dungeon-Karten, A Fine Mess enthält eine Kampagne für Blades in the Dark und Game Spice eine Sammlung von Mini- und Tavernenspielen.

Feen, Rollerderby und Rock & Roll

Am interessantesten ist jedoch auch wieder, welche eigenständigen Spiele das Zine Quest hervorbringt. The Great Soul Train Robbery lässt euch als Banditen den Zug überfallen, der in die Hölle fährt. In A Touch of Glamour spielt ihr Feenwesen, die sich in der Menschenwelt verstecken und zurechtfinden müssen. Rock & Roll schickt euch als Mitglieder einer Band zu Proben, Aufnahmen und auf Tour und Derby Drama lässt euch ein Rollerderby-Match als Rollenspiel ausspielen. In dem von dem Film Inception inspirierten Dream World Mercenaries führt ihr Raubzüge in Traumwelten aus.

Ernste und weniger ernste Zines

Einige Prämissen sind auch etwas düsterer und ernster. In Lost Roads kämpft ihr als Klimamigranten auf dem entbehrungsreichen Weg in sichere Gebiete um das Überleben. The Wait handelt davon, ein sterbendes Familienmitglied in seinen letzten Momenten zu begleiten.

Andererseits sind manche Zines auch alles andere als ernst. In Mew-Tants spielt ihr Katzen mit Superkräften, in Snomes seid ihr Eisgnome mit zufälligen Zaubersprüchen und in Shortlived Shenanigans spielt ihr winzige Kobolde mit sehr geringen Überlebenschancen. Das Spiel Mage against the Machine vom Autor von Arcana Academy lässt euch als zeitreisende Magier die Welt vor bösartigen Robotern retten.

Manche Spiele sind auch nicht mehr eindeutig als Rollenspiele zu klassifizieren. Take Root etwa stellt eine Mischung aus Landwirtschaft, Dungeonerkundung und Dating dar, nicht unähnlich zu dem Videospiel Stardew Valley. In The Artefact erzählt ihr im Solospiel die Geschichte eines magischen Artefakts, das durch viele Hände wandert. Beak, Feather + Bone versteht sich als „map-labeling game“, ihr beschriftet gemeinsam Karten und Stadtpläne und führt dabei die Geschichte ihrer Bewohner fort.

Fortsetzung folgt

Einige Beiträge aus dem ersten Zine Quest erhalten dieses Jahr auch eine Fortsetzung. Darunter fallen beispielsweise die bereits genannten Mall Kids 2 oder Terror of the Stratosfiend #2 (DCC). Aber auch das satirische LIFTS bekommt eine Fortsetzung, Dead Halt wird fortgeführt, ebenso What Happened at Wyvern Rock oder Harrowings: The Exalted Hours (OSR).

Diese Ausführung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Am Freitagnachmittag lag unsere Zählung bei 86 Zines und wir haben ja den größeren Teil des Februars auch noch vor uns. Es bleibt spannend, welche Kampagnen in der zweiten Monatshälfte noch gestartet werden. Schaut also in diesen Tagen immer mal wieder bei Kickstarter vorbei, markiert euch Projekte, die euch interessieren und unterstützt sie mit einem kleinen Betrag. Häufig sind zumindest digitale Versionen der Zines nicht besonders teuer.

Zine oder nicht Zine?

Welche der genannten Zines sprechen euch an? Habt ihr andere interessante Projekte entdeckt? Wünscht ihr euch Updates über den Verlauf bestimmter Projekte? Was haltet ihr vom Zine Quest insgesamt? Könntet ihr euch vorstellen, selbst ein solches Zine zu gestalten? Was würde drinstehen? Erzählt uns gerne in den Kommentaren davon!

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Thorsten Panknin

Danke für die Erwähnung im Artikel! Magst du noch Gerrit Reininghaus als Zitierten mit reinnehmen? Wir haben den Text gemeinsam formuliert.

Oli

Habe ich ergänzt, danke für den Hinweis.

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