Kulturelle Unterschiede: russisch-sprachige Rollenspielszene
Ich habe Rollenspiel in Deutschland kennengelernt und am Anfang auch nur auf Deutsch gespielt. Einige Jahre war ich in der Welt der DSA-Spielerschaft unterwegs ohne groß über den Tellerrand zu schauen. Bis mir das irgendwann zu wenig wurde und ich auf die Idee kam, dass meine Heimat Russland DSA braucht.
Seitdem habe ich so einiges in die Richtung unternommen und war einige Jahre virtuell und ab und zu auch live in der russisch-sprachigen Rollenspielszene unterwegs, was eine durchaus interessante und lehrreiche Erfahrung war. Hier möchte ich euch ein paar Unterschiede zu der deutschen Rollenspiel-Szene vorstellen.
Jüngere Spielerschaft
Die russische Spielerschaft ist im Schnitt gute 10 Jahre jünger als die deutsche. Auf der Moskauer “Rolecon” sieht man überwiegend junge Gesichter, meist um die 20 bis 30 Jahre. Natürlich gibt es Ausreißer in beide Richtungen, aber in der Masse ist dieser Unterschied sehr bemerkbar. Auch die Autoren sind entsprechend jung.
Alles muss es umsonst geben
Manche empfinden es fast wie eine persönliche Beleidigung, wenn man darauf hingewiesen wird, dass man für digitale Inhalte zahlen sollte. Als Grund werden manchmal immense Einkommensunterschiede angegeben, die die Zahlungsbereitschaft für solche Spielereien natürlich stark beschränken. Oft ist es aber eine Selbstverständlichkeit, dass man das Rollenspiel-Material einfach irgendwo “findet”.
…Außer den Spielleiter
Erstaunlich aber wahr: es gibt Leute, die bereit sind, Geld einem Spielleiter fürs Meistern zu zahlen. Wo es Nachfrage gibt, gibt es auch Angebot: es soll auch Leute geben, die gegen Bezahlung meistern. Das Thema ist nicht ohne Kontroverse: manche verurteilen “Rollenspiel als Dienstleistung”, andere sehen das ziemlich entspannt.
…Oder die Räumlichkeiten
Von den so genannten “Anti-Cafés” mag manch einer hier auch schon gehört haben. Man zahlt im Prinzip für die Nutzung der Räumlichkeiten pro Zeit, es gibt keine Küche, höchstens einfache Getränke und Kekse, die meistens auch im Tarif inbegriffen sind. Das heißt natürlich nicht, dass nur in solchen Etablissements gespielt wird.
Man will (anscheinend) lernen wie man “richtig” oder “besser” Rollenspiel betreibt
Die populärsten YouTube-Channels beschäftigen sich mit den Themen wie man dies oder jenes im Rollenspiel besser machen kann. Es gibt allerlei Tipps, Ausführungen zum Thema Charakter-Entwicklung, Sex im Rollenspiel, narrative Rechte und vieles, vieles mehr. Es gibt sogar Seminare und Workshops, die die Internet-Stars geben.
Online-Rollenspielrunden sind omni-präsent
Das Land ist groß, die Szene ist klein. Wie gut, dass wir im 21. Jahrhundert leben und es sogar dedizierte Plattformen wie Roll20 aber auch Skype, Discord, TeamSpeak und Co. gibt!
Diese Liste mag nicht vollständig sein, spiegelt aber meine persönliche Highlights wieder. Kennt ihr auch Besonderheiten bei anderssprachigen Rollenspielszenen? Teilt eure Erfahrungen in den Kommentaren!
Danke für die neuen Einblicke. Ich sehe, Du hast noch ein paar neuere Bilder finden können.
Spannendes Thema. o__o Hab mich vor einigen Jahren im Auslandssemester mal dusselig gesucht nach einer Rollenspielrunde. Hätte ich die Infos damals schon gehabt, wäre ich wohl erfolgreicher gewesen. Der Schlüssel wären (wie ich in der Tat zwei Wochen vor Abreise feststellte), diese Bezahl-Cafés (die mega geil sind, wenn ihr Bock darauf habt, euch ohne Ende mit billigen Keksen und Tee vollzustopfen) und Onlinerunden gewesen. Naja – sollte ich nochmal für längere Zeit dort sein, weiß ich es nun besser.
Schön, mal einen Eindruck zu erhalten, wie das woanders funktioniert. Dass die Szene allgemein jünger ist, sehe ich positiv, die werden älter und haben dann hoffentlich auch viel Rollenspielnachwuchs.
Danke für den schönen Beitrag! Das sind Sachen, die ich auf einem Rollenspielblog lesen möchte 🙂
Sehr interessanter Artikel. Danke dafür! 🙂