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Ulisses Spiele reagiert auf Z-Wort-Kritik

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Wie wichtig Sensitivity Reading ist, das zeigt sich immer wieder. Diesmal stehen diesbezüglich Kobold Press und Ulisses Spiele mit dem Werk Geschichten aus dem Alten Margreve zu Dungeons & Dragons 5e im Rampenlicht. Aufmerksam gemacht hat die starke Recherche von D3: Dungeons & Dragons auf Deutsch. Und auch einige Stimmen der Community, die im Blog-Artikel dazu genannt werden. Infolge dessen entschied sich Ulisses Spiele dazu, das Produkt nur einen Tag nach der Veröffentlichung vorerst wieder aus dem Programm zu nehmen. In der ausgiebigen Pressemitteilung gibt Ulisses Spiele Fehler zu. Ulisses Spiele räumt ein:

Durch etliche Verschiebungen starteten wir erst im Herbst 2020 unseren PreSeller für „Geschichten aus dem Alten Margreve“ und haben es dann versäumt, den Band nochmals durch unser inzwischen eingerichtetes Sensitivity Reading gegenlesen zu lassen.

https://ulisses-spiele.de/wichtige-mitteilung-zu-geschichten-aus-dem-alten-margreve/

Das eingerichtete Sensitivity Reading wird sich dabei auf Jasmin Neitzel beziehen, die als Koordinatorin für Diversity und Sensitivity Reading bei Ulisses Spiele angestellt ist.

Ebenfalls fehlendes Sensitivity Reading bei Kobold Press?

Diesen Schritt der Qualitätssicherung scheint Kobold Press ebenfalls versäumt zu haben. Kobold Press schrieb zur Überarbeitung eines Baba-Yaga-Blog-Artikels von Januar 2020:

Kobold Press would like to apologize for the use of the term “[g-word].” We recognize it as a racial slur and understand its impact on the Romani people. This is important to us, and we will continue our efforts to ensure that respect is shown for all peoples and that such terms do not appear in our works. We hear and appreciate your feedback.

https://koboldpress.com/midgard-icons-baba-yaga-2/

Bis heute wird das G-Wort jedoch im 2019 erschienenen, englischen Band Tales of the Old Margreve immer noch verwendet. Im Jahr 2020 verstärkte sich die Kritik an der Darstellung der Vistani, die ebenfalls ein fahrendes Volk sind. Infolge dessen hat Wizards of the Coast die Ravenloft-Kampagne Curse of Strahd überarbeitetet und neu aufgelegt.

Wie bereits von D3 angemerkt, war die unangebrachte Darstellung fahrender Völker in Rollenspielbänden beim Erscheinen des englischen Bandes Tales of the Old Margreve einfach noch nicht so stark im Vordergrund. Und obwohl Kobold Press gelobt das G-Wort nicht mehr nutzen zu wollen, fehlt eine überarbeitete Version des Textes. Somit konnte diese auch nicht als Übersetzungsvorlage dienen. Es bleibt zu hoffen, dass spätestens die Anfrage von D3 bezüglich dieses Begriffes eine Überarbeitung anstößt.

Der bei Ulisses Spiele tätige D&D-Redakteur Mirko Bader sagte D3 bereits zu, das Z-Wort in einer Wiederauflage der Geschichten aus dem Alten Margreve zu streichen. Außerdem möchte er prüfen, welche Möglichkeiten für Änderungen in Rücksprache mit dem Lizenzgeber möglich sind.

Werksgetreue Übersetzung erwies sich als tückisch

Mirko Bader räumte laut D3 ein, dass man das Buch Tales of the Old Margreve werksgetreu übersetzen wollte. Und dass die 1-zu-1-Übersetzung des G-Wortes ins Z-Wort im Nachhinein sehr unglücklich war. Auch aus anderen Projekten, nicht nur aus der Rollenspiel-Branche, kennt man leider das Vorgehen, an der Qualitätssicherung sparen zu wollen. Es ist jedoch erwähnenswert, dass Ulisses Spiele sich dazu entschieden hat, das Produkt so erst einmal vom Markt zu nehmen.

Für alle, die den Band bereits erworben haben, bieten wir einen Rücktritt vom Kauf an. Wer dies möchte, wendet sich bitte an feedback [at] ulisses-spiele [.] de.

Inwieweit wir „Geschichten aus dem Alten Margreve“ in einer überarbeiteten Form neu auflegen werden, ist noch nicht entschieden. Dies hängt nicht zuletzt von weiteren Gesprächen mit unserem Lizenzgeber ab.

https://ulisses-spiele.de/wichtige-mitteilung-zu-geschichten-aus-dem-alten-margreve/

Das Margreve-Spielerhandbuch ist übrigens noch erhältlich. Ohne den passenden Kampagnenband sind die dortigen Charakteroptionen bestimmt auch nutzbar. Jedoch bleibt zu hoffen, dass eine überarbeitete Version zu Tales of the Old Margreve bzw. Geschichten aus dem Alten Margreve erscheinen wird.

Ist es nur mit dem Wegfall des Z-Worts getan?

Wie D3 bereits anmerkt, spielt das fahrende Volk der Kariv nur in einem Abschnitt der Abenteuerkampagne wirklich eine größere Rolle. Leider bleibt es bei der Beschreibung der Kariv nicht nur beim Z-Wort. Dass die gesamte Beschreibung der Kariv an die marginalisierte Bevölkerungsgruppe erinnern soll bzw. direkt auf die Vorurteile gegen diese aufbaut, lässt sich nicht abstreiten.

Dass, wie von Mirko Bader bereits zugesagt wurde, das Z-Wort bereits entfernt wurde ist schon einmal ein Fortschritt. So soll es nicht noch einmal in der Wiederveröffentlichung auftreten. Jedoch ist es, wenn man sich die Texte zu den Kariv durchliest, nicht nur mit der Entfernung des Wortes getan. Welche Passagen genau welche problematischen Stellen beinhalten, ist bei D3 sehr gut dargestellt. Folgende Fragen bleiben jedoch bestehen: Wie konnte es so eine Darstellung überhaupt in das englische Originalwerk schaffen? Und wieso ist es auch während der Arbeiten an der Übersetzung scheinbar nicht aufgefallen? Ist ein fehlendes Sensitivity Reading wirklich die genügende Entschuldigung für alles?

Tonys Ideen für die Qualitätssicherung

Sensivity Reading wird mittlerweile immer weiter an- und ernst genommen. Erfahrungen wie diese sind wichtig, um zu verstehen, dass „Wir hatten den Band mental bereits als ‚abgeschlossen‘ verbucht“ (Zitat aus der Pressemitteilung von Ulisses Spiele) zu einem großen Problem werden kann.

Andererseits erschließt sich mir daraus, dass auch englische Texte im Vorfeld entweder durch einen Sensivitiy Reader vorgescreent werden müssen. Oder andernfalls Lizenzen erlauben müssen, entsprechende Passagen in der Übersetzung anpassen zu dürfen. Schlimmstenfalls hat man nämlich Monate der Arbeit hineingesteckt, um zum Schluss festzustellen, dass das Buch so auf keinen Fall erscheinen kann. Und dass Lizenzen aber auch einen „Umbau“ nicht gestatten.

Man kann sich, wie man an diesem Beispiel sieht, meiner Meinung nach nicht darauf verlassen, dass das Original bereits ein Sensitivity Reading hatte oder keine problematischen Passagen enthält. Ähnliche Erfahrungen habe ich aus der IT. Sich darauf zu verlassen, dass andere Stellen bereits etwas geprüft haben, ist schwierig. Oft funktioniert es nur mit geeigneten Nachweisen oder Kontrollen.

Außerdem ist Sensitivity Reading aus meiner Sicht nicht nur einzig und allein die Aufgabe entsprechender dazu deklarierter Experten – wohlgemerkt ist Sensitivity Reader noch kein Ausbildungsberuf. Auch bei allen anderen qualitätssichernden Maßnahmen hätte meiner Meinung nach gerade die negative Darstellung einer Personengruppe, die auch in den allgemeinen Medien immer wieder zur Sprache gebracht wird, auffallen können.

Ich persönlich finde es jedoch erfrischend gut, dass sich Ulisses Spiele bezüglich der passierten Fehlern zu Geschichten aus dem Alten Margreve so offen zeigt, auch wenn manche kritische Fragen wohl unbeantwortet bleiben werden. Ich liebe mystische Geschichten rund um Wälder und Waldwesen und würde mich daher über einen Band ohne Z-Wörter und mit einer besseren Darstellung der Kariv auf Englisch wie auch auf Deutsch sehr freuen.

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