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DSA-Rezension: Ein Blick in die Eisernen Flammen

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Es ist endlich soweit. Nach langen Jahren des Wartens hat die Splitterdämmerung mit DSA5 ihr Ende gefunden. Was als Abenteuer gedacht war, als Roman begonnen hat, zum Botenartikel degradiert und letztlich beinahe ganz vergessen wurde, ist jetzt erschienen.

Eiserne Flammen bildet den Abschluss eines Zyklus. Es richtet sich an SC der Erfahrungsstufe „Legendär“ und ist für Spieler und Spielleitung mit hohen Anforderungen versehen. Es ist zudem das erste, mir bekannte, DSA5-Abenteuer, das sämtliche Regelwerke als verpflichtend voraussetzt und keine Regeldopplungen enthält. Und es führt direkt in das Herz der Schattenlande: Yol-Ghurmak.

Der Schaffensweg dieses Abenteuers alleine wäre vermutlich eine Betrachtung wert. Stattdessen aber will ich die Gelegenheit nutzen, einen neugierigen Blick auf die Seiten des Autorengespanns Anni Dürr, Julian Härtl und David Lukaßen zu werfen. Für alle interessierten Leser daher an dieser Stelle ein Wort der Warnung. Die Inhalte des kommenden Artikels enthalten Spoiler für das DSA5-Abenteuer Eiserne Flammen. Ihr seid gewarnt!

Der erste Funkenschlag: Der Weg ins Abenteuer

Das Abenteuer beginnt, so wie es viele Abenteuer tun, mit einer Zusammenfassung. Daher gebe ich euch an dieser Stelle einen Abriss darüber, was euch im Abenteuer erwartet. Wie alle Bände der Splitterdämmerung befasst sich auch dieses mit einem Heptarchen. In unserem Fall ist es der verrückte Meistermechanikus Leonardo. Ebenjener Genius, der im offiziellen Aventurien schon eine Weile abgetreten ist. Wie es zu diesem Ereignis kam, das kann man hier nun nachspielen.

In diesem Rahmen ist es natürlich auch nicht verwunderlich, dass man direkt in die sogenannte „lebendige Geschichte“ Aventuriens eingebunden ist. Das bedeutet, dass die meisten Ereignisse, die geschehen müssen, vorgegeben sind, um die offizielle Entwicklung darzustellen. Das „wie“ liegt dabei jedoch in der Hand der Spieler. Allzu viele Freiheiten und Einflüsse bleiben jedoch nicht. Denn egal, wie man sich am Ende entscheidet, das Ergebnis ist so ziemlich das gleiche.

Um dem Leben des Heptarchen ein Ende zu setzen, reisen die SC im Auftrag des zwergischen Bergkönigs Arombolosch nach Yol-Ghurmak. Inmitten der dämonischen Stadt mit ihren verdorbenen Kreaturen und verrufenen Intrigen müssen sie den Mechanikus finden und stellen, bevor er seinen Plan durchführen kann: Ein Ritual mit dem er eine Höllenmaschine erschaffen will, die das Wirken des Dämonenmeisters Borbarad vollendet.

Ein Lavastrom an Informationen

Der Spielleiter erhält an dieser Stelle einen guten Überblick über die aventurische Historie, sowie die Person Leonardo und die Stadt Ysilia, auf deren Ruinen Yol-Ghurmak errichtet wurde. Ebenso werden die verschiedenen Pläne der beteiligten Parteien ausgeführt, so dass man als SL gut informiert ins Abenteuer starten kann. Auch welche SC geeignet sind, wird ausgeführt. Hierbei fällt mir ins Auge, dass man offenbar autorenseitig keine Elfen wollte. Denn selbst für Praioten, Rondrianer und andere wahrheitsliebende Gestalten gibt es „Dispense“ zum Verkleiden und Lügen. Elfen hingegen sind ungeeignet.

Kurz zusammengefasst spielen hier vier Parteien miteinander eine Partie Garadan (das aventurische Schach). Leonardo will mit Hilfe des Splitters der Dämonenkrone eine Weltenmaschine bauen und damit die Welt „verbessern“, ist allerdings ziemlich wahnsinnig. Balphemor von Punin, ein unsterblicher Magier, will den Splitter gerne für sich, um damit die Welt zu verderben. Der Erzdämon Agrimoth, der mit den beiden obigen einen Pakt geschlossen hat, will mehr Macht und Einfluss. Am liebsten natürlich in Form einer direkten Tür in die Welt der Sterblichen. Und das weise Väterchen Arombolosch will für seinen Schmiedegott Angrosch und die Welt dem dunklen Treiben der dämonischen Kräfte Einhalt gebieten.

Zu diesem Zweck sind auch drei machtvolle Artefakte im Spiel. Zum einen der Splitter der Dämonenkrone. Dieser hat unfassbare dämonische Kräfte und kann große Zerstörung bringen. Zum anderen die „Lohenwacht“, eine zentnerschwere Zauberkiste, welche die Macht des Splitters eindämmen kann, wenn man ihn hineinlegt. Das dritte „Artefakt“ im Bunde ist die Seele von Ysilia, die von einem alten Volk vor tausenden Jahren in die Stadt gebunden wurde.

Ein Einwurf zu Potential und Problemen

Zuvor habe ich davon berichtet, dass dieses Abenteuer irdisch eine lange Durststrecke hinter sich hat. Durch Verwerfungen und neue Planungen, einen Editions- und Autorenwechsel, hat Eiserne Flammen einige Altlasten mitzutragen. Diese sind natürlich im Abenteuer selbst nicht angemerkt, jedoch wird ein informierter DSA-Spieler mit einem Blick auf aventurische Historie sie dennoch bemerken.

Die eigentlich von Michael Masberg begonnene Romanreihe Pfade der Verdammnis, die sich mit dem Ende des Heptarchen durch einen Bund von Schwarzmagiern befasste, wurde in dem Abenteuer nicht aufgegriffen sondern nur knapp erwähnt. Dadurch fehlt dem Abenteuer natürlich eine tiefere Einbindung in die aventurische Geschichte und es ist ein stückweit „Flickwerk“, mit dem Zweck eine Lücke zu füllen. Das ist natürlich den Autoren selbst in der Gestaltung nicht anzulasten, setzt aber vielleicht einige später folgende Punkte etwas in Kontext.

Einen Splitter zu bannen: Der Auftrag der Helden

Die Ereignisse spielen im Schatten des Tobrien-Feldzuges von Kaiserin Rohaja gegen den Heptarchen Helme Haffax. Während die Kaiserin ihr Heer bereit macht, lädt der Zwergenkönig ausgewählte Helden zu sich nach Warunk ein. An dieser Stelle geht das Abenteuer davon aus, dass so erfahrene Charaktere sich schon verdient gemacht haben und Arombolosch einen Grund hat, sie zu sich zu bitten (für Praioten hat er sogar schon die Erlaubnis fürs Lügen und Intrigen spinnen besorgt).

Gemeinsam mit der Ingerimmgeweihten Orelia Alphahanez hat er die Lohenwacht erschaffen. Ihr einziger Zweck ist es, die Macht des Splitters zu begrenzen. Dummerweise ist sie eine halbe Tonne schwer und sehr sperrig. Aus diesem Grund braucht es eben wahre Helden, die eine logistische Meisterleistung vollbringen können. Nicht nur muss die Lohenwacht nach Yol-Ghurmak, es muss auch noch Leonardo getötet und seine Seele eingefangen werden. Zumindest für letzteres gibt es noch ein weiteres Artefakt. Dieses Seelengefäß ist jedoch zum Glück besser zu transportieren.

Das ehrwürdige Väterchen, wie man Bergkönige auch nennt, hat zu diesem Zweck einen Wagen bereitgestellt. Auf diesem soll das Artefakt gemeinsam mit Nahrungsmitteln und den SC nach Yol-Ghurmak gefahren werden. Ebenso gibt es eine Wagenladung an Informationen über die Stadt. Diese kann der SL als ansehnliche Handout-Sammlung austeilen. Hier wird der findige Spielleiter auch schon erahnen, wo ihn Probleme in der Dämonenstadt erwarten.

Der Weg in die Schattenlande

Der Aufbruch nach Yol-Ghurmak gestaltet sich nicht weiter schwierig. Abseits von ein paar wenig aufmerksamen Militärposten gibt es keine besonderen Hindernisse, um sich in die Stadt zu begeben. An einer Stelle wird man noch mit einem dämonischen Saatsegen konfrontiert, aber hier sollte eigentlich niemand mit der Wimper zucken, erwarten die SC in Yol-Ghurmak doch sehr viel harschere Bedingungen. Ein kleines Schmunzeln entlockt mir an dieser Stelle das Encounter-Design mit den Soldaten. Zuverlässig sind dort nämlich „Helden+2“ Leute stationiert. Wer das Abenteuer also alleine bestreitet, hat es mit Grenzposten von stolzen drei Soldaten zu tun.

Bevor man Yol-Ghurmak erreicht, vollendet Leonardo sein erstes Ritual, was die SC durch ungewöhnliche dämonische Ereignisse mitbekommen. In der eigentlichen Stadt angekommen, gilt es nun die Lohenwacht versteckt zu halten und seine, als Tarnung vorgesehenen Vorräte, zu Geld zu machen. Zudem ist es nun an der Zeit sich auf die Suche nach Informationen zu begeben. Ich persönlich bin ja kein Freund der Sammelproben, die DSA5 zu jedem Thema anbietet. Daher freut es mich hier zu lesen, dass auch die Autoren vorschlagen, das ganze lieber interaktiv zu lösen. Später wäre mir diese Alternative auch willkommen.

Für den Part in der Dämonenstadt selbst bekommt man dann NSC und Örtlichkeiten an die Hand gegeben, die mal mehr, mal weniger ausführlich beschrieben werden. Auch eine Stadtkarte ist beigefügt, über die man sich orientieren kann. Falls die SC-Truppe noch nicht voll genug ist, gibt es hier noch die Möglichkeit eine NSC-Dämonologin einzuladen. Diese kommt zwar geheim im Auftrag von Balphemor von Punin, ist aber eine durchaus willkommene Verstärkung, kennt sie doch die Stadt besser als jeder andere SC. Zudem hat hier ein Spieler mit Spaß an reumütigen Bekehrungen die Möglichkeit, sich auszutoben und sie zur „hellen Seite der Macht“ zu bringen. Auch der Erstkontakt mit der Stadtseele kann hergestellt werden.

Yol-Ghurmak, die Dystopie Aventuriens

An dieser Stelle will ich ein paar Worte über den Hauptspielort des Abenteuers verlieren. Yol-Ghurmak, die letzte Bastion der schwarzen Lande, ist nämlich in der Tat eine einzigartige Szenerie. Sie ist derart grausam, verrufen und gefährlich, dass selbst gestandene Rondrianer sie für uneinnehmbar halten. So zumindest ist einem Handout zu entnehmen. Und wer schon mal einen Blick über den DSA-Tellerrand geworfen hat, der stellt fest, dass die Stadt einen gewissen Warhammer- oder Shadowrun-Flair versprüht. Sie ist kolossal in ihren Ausmaßen, jeder Tag ist eine tödliche Herausforderung. Nachts bauen sich die Häuser um und zerquetschen ihre Bewohner (teilweise) und in den äußeren Bereichen treiben sich freie Dämonen, Untote und Golems herum.

Abgeschnitten von jeglicher Versorgung ist Nahrung und Wasser stete Mangelware. Saurer Regen zerfrisst (wortwörtlich) die Bewohner der Stadt und Verstümmelungen und Unterdrückung sind an der Tagesordnung. Eine kleine reiche Elite intrigiert vor dieser Szenerie munter gegeneinander, während Sklaven in höllische Minen und dämonische Werkstätten getrieben werden. Willkürliche Bestrafungen durch die Garden sind tägliche Normalität. Und wenn man wirklich nur ein braver Bürger war, kann dennoch jederzeit der Nachbar einen anschwärzen. Verrat und Niedertracht ist für jeden Einheimischen eine valide Option, sollte ihm jemand unbequem daherkommen. Jeder Tag kann der letzte sein, wenn man dort lebt.

Die fragile Suspension of disbelief

Mein Problem damit ist, es ergibt keinen Sinn. Die Stadt kann sich so nicht erhalten, geschweige denn eine Population von 10.000 Einwohnern halten. Sie ist dermaßen unattraktiv als Wohnort, dass es zu einer massenhaften Flucht kommen müsste. Und es gibt keine Möglichkeit dies zu stoppen, da auch kaum eine Partei Interesse daran hat. Zwei Tage entfernt gibt es die freien Lande. Die militärische Schlagkraft ist generell gering (was menschliche Soldaten betrifft), der Überwachungsstaat unter Dämonenkaiser Galotta ist zerfallen. Selbst klar destruktive Elemente wie die anreisenden SC kommen hinein. Doch selbst wenn man annimmt, dass die Leute dort bleiben, würde die Stadt ausbluten. Es gibt gar nicht genug Sklaven in der Umgebung, um das nachzurüsten, was durch „Zufall“ jeden Tag kaputt geht.

So spannend das dystopische Setting ist, in dem Leibstrafen an der Tagesordnung sind, weil man Körperteile mit Golems ersetzt, so sehr strapaziert es auch die Spielwelt. Dies ist natürlich nicht völlig den Autoren anzurechnen. Sie haben mit dem gearbeitet, was bereits beschrieben war. Aber bestimmte Elemente, wie der saure Regen und wie die immer weiter übersteigernden Eskalationen, gehen für mich sehr auf Kosten der Glaubwürdigkeit. Diese gehen zumindest teilweise durchaus aufs Konto des aktuellen Abenteuers.

Mir fehlt das Element, was die Leute wirklich in der Stadt hält. Beispielsweise könnten die Menschen dort die schweren Arbeiten von Golems erledigen lassen oder Untote nehmen ihnen gewisse Probleme ab. Statt seltsamen Prothesen für jedermann (von denen mir niemand sagen kann wie sie funktionieren), könnte es in der Tat verlockende Gaben von den Dämonendienern geben. Diese nutzen die größere Freiheit für Beschwörungen dann für echte, hilfreiche Veränderungen. Es sollte weniger extrem sein, dieses Yol-Ghurmak, zumindest in den zivilen Teilen. Weniger Sklaven, weniger Grausamkeit, mehr magomechanische Dämonenhilfe. Aber gut, der Zug ist abgefahren und der Plot rollt weiter.

Ein Plan scheitert, lang lebe der Plan

Über kurz oder lang finden die Spieler schließlich heraus, dass sie zu spät gekommen sind. Aromboloschs Plan kann nicht mehr stattfinden, da der Splitter bereits mit der Stadt verschmolzen wurde. Die Lohenwacht ist, in ihrer jetzigen Form, nutzlos geworden. Jetzt gilt es findig zu sein (und jede Menge Sammelproben zu würfeln) oder auf NSC zu hören. Denn das Artefakt muss umgebaut werden, um einen anderen Zweck zu erfüllen. Gemeinsam mit der Ingerimmgeweihten – die in diesem Abschnitt später auch entführt werden kann, wenn es genehm erscheint – soll die Kiste zu einer „Eindämmungsanlage“ umstrukturiert werden. Wie genau das aussehen soll, ist mir nicht ganz klar geworden, aber letztlich ist die Optik auch zweitrangig.

Um dieses Meisterstück allerdings bewerkstelligen zu können braucht man saubere Kristalle ohne dämonische Verunreinigung. Während man das Rohmaterial in einem – von Sklaven betriebenen – Steinbruch besorgen kann, muss die Verunreinigung mittels eines Rituals ausgetrieben werden. Diese Zeremonie wird aber ein „karmales Leuchtfeuer“ sein und daher Aufmerksamkeit auf die Gruppe ziehen. Dies bedeutet Konflikte mit dämonischen Gegnern. Ist die Reinigung gelungen, gilt es die Kristalle mit undämonischen Mitteln schleifen zu lassen, damit man sie verarbeiten kann.

Dieser Abschnitt enthält viele variable Elemente und verlangt die meiste Koordination vom SL. Man kann aus reichhaltigen Informationen schöpfen, die für mich allerdings nicht ganz frei von Widerspruch sind. So hadere ich mit großen Sklavenkontingenten und der Setzung karmaler Leuchtfeuer in Anbetracht der mitgeführten Lohenwacht. Zudem gibt es an dieser Stelle einige Nadelöhre, an denen das Abenteuer scheitern kann, wenn die Helden Proben nicht bestehen oder sogar NSC ihre Würfe vermasseln (glücklicherweise ändert Scheitern nichts am Ausgang des Abenteuers).

Abstieg in die Höllenschmiede

Die Lohenwacht ist umgebaut, die Stadtseele wurde befragt, Orelia entführt (oder auch nicht), alles was nun noch fehlt ist dem Meistermechanikus das Handwerk zu legen. Dafür muss man erfahren, wann Leonardo seinen Plan in die Tat umsetzen will. Auch die eigene Flucht sollte hier bedacht werden. Erneut sammeln die SC also Informationen und würfeln Sammelproben auf dem Weg zum optimalen Plan. Glücklicherweise bündelt das Abenteuer zu jedem neuen Kapitel wieder, welche Informationen jetzt vorhanden sein sollen.

Wie nicht anders zu erwarten, verwirklicht der dunkle Heptarch seine Pläne natürlich im tiefsten Keller seiner Höllenschmiede. Dass diese aus 25 Ebenen besteht ist allerdings nur ein nettes Zahlenspiel, denn letztlich werden im Abenteuer jeweils fünf Ebenen zusammengefasst. Der Abstieg gestaltet sich natürlich schwierig, immerhin hat man eine halbe Tonne MacGuffin im Gepäck und muss diese an Sklaven, Golems, Dämonen und Paktierern vorbeischleppen. Dass dabei der erste Wächter (ein Zwerg) mehr als eine Seite Text einnimmt und damit ein Drittel der gesamten Schmiedebeschreibung, ist strukturell ein wenig seltsam. Detailliert wird ausgeführt, wie man ihn überwinden kann, während bei späteren Ebenen, wo es gegen gehörnte Dämonen geht, ein kurzer Absatz zu genügen scheint.

Der Spießrutenlauf durch die Dämonenschmiede verspricht dabei durchaus strapaziös zu sein, sollten die SC an irgendeiner Stelle einen Kampf provozieren. Nicht nur weil es wertvolle Kräfte kosten könnte, sondern auch weil der SL natürlich angehalten ist, im Hintergrund schon den Ritual-Timer mitlaufen zu lassen. Eben jenes sollen die Spieler ja schließlich verhindern, wenn sie auf der untersten Ebene ankommen.

Ein Heptarch ist nicht genug!

Sobald die SC die letzte Ebene der Schmiede erreichen, beginnt der Wettlauf gegen die Zeit. Zumindest in der Standardvariante des Abenteuers. Die Autoren verweisen auch durchaus darauf, dass man den Zeitplan kippen oder anpassen kann, wie es einem beliebt. Letztlich ist der Zeitdruck aber der relevante Motivator für den Konflikt. Sobald der Ticker also läuft, beginnt das Chaos.

Das ist in diesem Finale in der Tat wortwörtlich zu verstehen. Denn was genau wann und wie passiert, ist enorm unübersichtlich. Dies geht so weit, dass es im Anhang des Abenteuers noch einmal eine Tabelle gibt, in der alle Ereignisse festgehalten werden und eine weitere Übersicht angefügt ist. Denn Leonardo zu töten ist ja nicht genug. Gleichzeitig soll man seine Seele einfangen, eine andere Seele in den Splitter binden (damit dieser einen Wächter hat), die Macht des Splitters mit der Lohenwacht eindämmen und möglicherweise gefangene NSC befreien.

Das alles natürlich während verdorbene Dschinne, eiserne Flammen (die namensgebenden Zauberkreaturen des Abenteuers), Dämonen, Golems und aus Zufallstabellen ausgewürfelte Chaos-Effekte auf die SC eindringen. Das Potential für ein episches Feuerwerk wird dabei ein wenig konterkariert von den Sammelproben, die man benötigt, um den eigentlichen Plot zu erfüllen. Der SL und auch die Spieler springen so zwischen Konfrontation, Probenwürfeln und randomisierten Effektbeschreibungen hin und her, was natürlich das Gefühl des Chaos weiter verstärkt.

(K)Ein Ende mit Schrecken!

Sobald Leonardo das Zeitliche gesegnet hat, die Macht des Splitters durch das richtige „verkabeln“ der Lohenwacht eingedämmt und das Ritualopfer tot oder befreit ist, fällt den SC wortwörtlich die Decke auf den Kopf. Die Dämonenschmiede stürzt in sich zusammen und die Flucht nach oben beginnt. Dabei können hier und da noch einzelne Scharmützel ausbrechen, aber letztlich gilt, was im Abenteuer betont wiederholt wird: Man muss nur schneller laufen als die Gegner.

Wer gedacht hat, dass nun mit dem Ende des Heptarchen auch seine Schergen beschäftigt sind und das Chaos sich ausbreitet, der wird schnell eines Besseren belehrt. Erneut werden die SC bedrängt und gejagt und sollten sich nun tunlichst an ihren Fluchtplan halten. Auf welchem Weg dieser sie aus der Stadt bringt bleibt offen. Sicher ist allerdings, dass ihnen der eine oder andere Dämon auf den Hals gehetzt gehört. Zudem gibt es erneut Zufallstabellen aus denen man als SL würfelnderweise Hindernisse auswählen kann.

Erst wenn man schließlich die Stadt hinter sich gelassen hat und Richtung Norden in die freien Lande aufgebrochen ist, kommen die Gefolgsdrachen des Kaiserdrachen Apep zur Hilfe. Sie tragen die erschöpften SC über den letzten Fluss (vergleichbar mit großen Adlern aus anderen Fantasy-Geschichten). Nach abgegebenem Rapport werden dann beim Bergkönig die Früchte der Arbeit in Form von Gold, Ehrungen und Anerkennung genossen.

Künsterliches, Karten und Layout

Losgelöst vom eigentlichen Abenteuergeschehen möchte ich hier auf die künstlerischen Elemente des Bandes eingehen. Es gibt eine angenehme Vielfalt an neuem Bildmaterial und auch wenn mir der Stil nicht immer zusagt, kann man doch nur positiv hervorheben, wie wenig Bildmaterial hier recycelt wurde. Von neuen Portraits über Dämonen- und Landschaftszeichnungen ist fast alles vertreten und vieles davon lässt sich stimmungsvoll einbauen.

Während das Kartenwerk sonst zu einer eher durchwachsenen Qualität neigt, ist in diesem Fall die Karte von Yol-Ghurmak auch lobend hervorzuheben. Auch hier ist der Stil natürlich nicht das, was man von DSA erwarten würde. Dies ist allerdings dem Umstand geschuldet, dass die gesamte Dämonenstadt eher „steampunkig“ daherkommt und ein Ausreißer-Setting ist. Ich hätte mir nur gewünscht, dass es noch eine unbeschriftete Karte gegeben hätte, die man als Bild herauskopieren kann. Dies ist, aufgrund der ausführlichen Legende und der Aufteilung auf zwei Seiten leider nicht ohne Weiteres möglich.

Das Layout folgt dem üblichen DSA5-Design und ist weitestgehend übersichtlich und gut gemacht. Hier und da hätte ich mir etwas mehr thematische Ordnung gewünscht, aber da man schon mehr Seiten bekommen hat, als bei vielen anderen Abenteuern, nehme ich auch hier was ich kriegen kann.

Die Asche der eisernen Flammen: Ein Fazit

Was also bleibt am Ende stehen? Eiserne Flammen liefert das, was es versprochen hat: Ein Ende für Leonardo den Mechanikus. Mit Yol-Ghurmak bietet es ein Setting, wie es in Aventurien einzigartig ist und mit all den magischen Bedrohungen und Konfrontationen ein Level an „High-Fantasy“ welches selbst im zauberischen DSA-Universum seinesgleichen sucht. Für Spieler und Spielleiter, die sich auf grausige Schrecken und dämonische Heimsuchungen in einer schwärenden Dystopie einlassen wollen, verspricht es ein buntes, reich ausstaffiertes Bühnenbild. Und wer sich noch einmal von dem mittlerweile nostalgischen Flair der Splitterdämmerung einfangen lassen will, kann hier auch eine Quelle für Inspiration finden.

Ich persönlich kann mich dem verbreiteten Jubel um dieses Abenteuer allerdings nicht anschließen. Zu generisch – für einen Heptarchen – ist Leonardos Plan, zu gering der Einfluss der Spieler auf die Ereignisse (letztlich werden im Ausblick die Entscheidungen der Spieler und auch ihre (Miss-)Erfolge wieder vollkommen negiert), zu losgelöst und isoliert das Setting und zu generisch und unpersönlich die Einbindung der Spielercharaktere. Leonardo plant, was fast alle Heptarchen vor ihm auch irgendwie versucht haben (seine Seele zu retten und sie an etwas anderes zu binden), Yol-Ghurmak ergibt als Gesamtsetting einfach kein stimmiges Bild und wuchert aus anderen Spiel-Universen hinaus nach Aventurien hinein und so eine richtige Verbindung zu den Protagonisten gibt es weder vom Setting noch vom Schurken.

Zudem müssen natürlich viele vorbereitete Plotfäden, die seit Jahren herumdümpeln, ungelöst bleiben, weil der Band so lange auf sich warten ließ und so viele realweltliche Probleme hatte. Dadurch hängt das Abenteuer in einem gewissen, dramaturgisch luftleeren Raum. Diesen zu füllen und dabei nicht zugleich zu tief in das Setting selbst zu pieksen, obliegt dem Spielleiter, der damit vor einer großen Aufgabe steht. Mich kann das Abenteuer, obwohl ich dies nach den ersten positiven Bewertungen in der Tat kurz gehofft hatte, nicht nach Aventurien zurückholen.

Gemessen, gewogen und für […] befunden!

Für Spieler, die der lebendigen Geschichte folgen, ist das Abenteuer sicherlich ein Must-Have. Es ermöglicht Zugang zu einem bedeutenden Abschnitt aventurischer Geschichte, wenn auch nur als Zuschauer (wie es das bei lebendiger Geschichte eben ist). Für Freunde von gepflegter DSA-Nostalgie, jedoch mit einem etwas kritischeren, simulationistischen Anspruch, ist es ein Ideensteinbruch. Für Liebhaber eines gepflegten Dungeoncrawl bietet es zumindest ein paar Ansätze und Encounter. Und wer Steampunk und Dystopie sucht, am besten in aberwitziger Dämonenkombi, der wird auch inspiriert.

Ich sehe Potential und viel investierte Arbeit, so wie einige gute Ideen und viele Steine, die dem Abenteuer im Weg liegen. Einer Bewertung in Zahlen enthalte ich mich an dieser Stelle und bin gespannt auf eure Einschätzungen und Meinungen. Ist das neue Yol-Ghurmak genau das was Aventurien noch gefehlt hat? Hat der kritische Blick vielleicht die größte Schwierigkeit oder auch das beste Szenario überhaupt übersehen? Teilt mir eure Meinung mit und schreibt einen Kommentar!

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Teferi

Huhu! Faire Rezension, wenn man sich mühe gibt freundlich zu sein sind 3 Sterne vielleicht gerechtfertigt. Ich hab nur eines geben können, weil die meisten der angesprochenen Unterpunkte des Abenteuerablaufs als 08/15 zusammengefasst werden können. Vergebene Chance – aber nicht das allerschlimmste was DSA5 verbrochen hat.

Torsten

Stimmt das tatsächlich, dass das Abenteuer sich einfach selbst dem gewünschten Ziel entgegen biegt, wenn die Spielercharaktere bei irgendwas relevantem versagen?!

Torsten

Einfluss auszuschließen ist keineswegs einfach so sinnvoll. Es bedeutet schließlich, dass die Protagonisten bedeutungslos sind und folglich keine Protagonisten mehr sind. Zumindest nicht im Sinne eines Rollenspiels, wenn auch im Sinne eines Romans. Das ist geschriebene Geschichte, nicht gespielte.
Die Möglichkeit der Einflussnahme geht ja weit über den global sichtbaren Rahmen hinaus. Man kann ja problemlos Elemente einbinden, die zwar gruppenspezifische Unterschiede machen und auch zukünftige Geschichten beeinflussen können, ohne aber gleichzeitig den extern wahrnehmbaren Verlauf zu beeinflussen. Das ist ja mittlerweile klassische Technik bei Computer-Rollenspielen im Multi-Path Design. Das ist ja gerade die hohe Kunst, eine globale Geschichte zu erzählen, ohne die individuellen Protagonisten zu marginalisieren.

E.C.D.

Nachdem Sumaro mich gewissermaßen „gezwungen“ hat, das Abenteuer zu öffnen, muss ich an dieser Stelle widersprechen. Spoiler:
Am Ende ist der Splitter entweder eingedämmt durch eine Wächterseele (Held, NSC, Stadtseele) – oder er ist es nicht und „verschiedene machtbesessene NSC mögen sich die Kontrolle aneignen, jedoch niemals für lange Zeit“. Am Ende ist Leonardo entweder in die Niederhöllen gefahren oder er ist es nicht. Und zu guter Letzt: Damokles ist bei Euch; am Ende werden die Hebel umgelegt unter Ableben keines Helden oder einiger oder aller. Die Wahrscheinlichkeit Helden aus Versehen oder heroisch in Borons Hallen zu senden oder eben nicht einmal das – ist sehr plastisch abgebildet. Deshalb sind die Proben und Sammelproben auch nicht überflüssig, sondern öfters entscheidende Weichen; weil Verlust von Zeit oder Lebenspunkten oder Verbündeten einfach die Gesamtüberlebenschance und Wahrscheinlichkeit der „Ideallösung“ schmälert. Bei einem Spiel, in dem die meisten Runden doch am Ende meistens das Gute siegen lassen, finde ich das Lebensende eines oder mehrerer Spielercharaktere durchaus einen relevanten Unterschied im Ausgang einer Geschichte. Vielleicht habe ich noch etwas im Strauß möglicher Abenteuerausgänge vergessen, Sumaro listet ja selber unten z.B. noch gerettete NSC auf. Aber die Eindimensionalität des Endes ist in der Rezension… ähm… etwas eindimensional dargestellt. Das einzige was nicht am Ende des Abenteuers stehen kann ist eine funktionierende Höllenmaschine – weil sie im bereits bekannten post-Eiserne-Flammen-Aventurien nicht steht.

Mit der Dystopie und ihrer Unglaubwürdigkeit haben wir uns ein bisschen im dsaforum auseinandergesetzt, hier sehe ich keinen dramatischen Schwachpunkt, bekunde dabei aber die Bereitschaft zur geduldigen Hinnahme präsentierter Settings. Unter dem Strich kann ich die Qualität des Abenteuers schwer einordnen; Abenteuer mit epischem Kaliber werden gerne den Erwartungen nicht gerecht und gehen bei uns fast immer in die Hose – wahrscheinlich wird es diesem einstmals nicht anders ergehen. (Und das k ö n n t e letztendlich auch daran liegen, dass es im Geiste der Rezension ein innerliches Augenrollen gibt). Dem Substrat kann ich allerdings auch nach vielen hilfreichen Hinweisen (i.e. negativen Kritiken) seine angeblichen Mankos nicht ansehen.

Martin

Schöne Rezension. Danke!

Kreggen

Sehr schöne Rezension. Sehr ausführlich. Danke dafür. DSA begleitet mich in diesem Jahr bereits 30 Jahre, allerdings habe ich mich als SL immer schwer getan, meinen Runden Abenteuer aus der „gelebten Geschichte Aventuriens“ zu präsentieren. Nach der G7 habe ich diese Abenteuer nicht mehr als spielenswert erachtet, „Jahr des Feuers“ war der letzte Versuch und ist ebenfalls krachend gescheitert. Die „Splitterdämmerung“-Abenteuer habe ich schon nicht mehr angefasst. Es war immer schwer zu vermitteln, dass, egal was die Helden tun, am Ende imme Status X herauskommen wird. Immer. Das hat meine Spieler extremstfrustiert, da ich einige sehr krative Köpfe dabei hatte. „Eiserne Flammen“ reiht sich da lustig ein.

E.C.D.

Ich finde nicht, dass die Teilnahme von Elfen stumpf ausgeschlossen wird. Recht ausführlich wird erklärt, warum sie sich in YolGhurmak noch einmal unwohler fühlen, deshalb defacto nicht vorhanden und deshalb auffällig sind und wie sich das in Probenmodifikationen und Enttarnungsrisiko auswirkt. Ausführlich wird auch betrachtet, wie (eigentlich ungeeignete) Heimlichkeit-Verächter zugegeben etwas hölzern in das (Infiltrations-) Abenteuer gebracht werden können. Beides zusammen füllt etwa eine halbe Seite. Deshalb kann ich die wiederholte Kritik in dieser Richtung nicht verstehen.

Eisvogel

Danke für die ausführliche und, wie ich finde, faire Rezension.
Bei Abenteuern, die direkt wichtige Aspekte der „gelebten Geschichte“ bespielen, finde ich es einen Vorteil, wenn es innerweltlich logisch gelöst ist, dass, wenn die SC scheitern oder nur teilweise erfogreich sind, die Geschichte trotzdem ihren „offiziellen Lauf“ nehmen kann.

Matthias

Die Rezension kritisiert vieles, was im Konzept von DSA begründet liegt:
– Die Helden können nichts Weltbewegendes verändern -> liegt am Konzept der lebendigen Geschichte
– Das Ende des Abenteuers ist vorgezeichnet -> liegt daran, dass im Aventurischen Almanach bereits das Ende von Leonardo bekannt gegeben wurde.
– Die Helden werden nicht persönlich involviert -> ein Kaufabenteuer kann dies nicht, weil es die Helden nicht kennt.
– Der Schauplatz passt nicht in die restliche Spielwelt -> Yol-Ghurmak wurde bereits vielerorts so beschrieben. (Der starke Kontrast zum Rest-Aventurien macht dabei gerade den Reiz aus.)

Was ich nachvollziehen kann, ist die Kritik am generischen Masterplan Leonardos.

Insgesamt finde ich die Rezension nicht fair. Es gibt nun einmal Spielertypen, die so ein Abenteuer anspricht. Der Rezensent gehört offenbar nicht dazu.

Ich persönlich freue mich, dass der Verlag endlich mal ein weniger bodenständiges, „epischeres“, gefährlicheres und herausfordernderes Abenteuer veröffentlicht hat und dazu auch ein Autorengespann gefunden hat, das dieses Abenteuer handwerklich gut umsetzen konnte.

PnPnews.de
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