Rezension: Cthulhu – Das Weinen der Frau aus den Hügeln
Bereits im Februar verkündete Pegasus Spiele eine neue Kampagne für Cthulhu. Das Weinen der Frau aus den Hügeln ist der durchaus sperrige Titel des Werkes, das euch diesmal in die Wirren des amerikanischen Bürgerkriegs führt. Der Band ist am 15. November 2020 erschienen und PnPnews hat ihn sich für euch einmal kurz angesehen.
Spoilerwarnung: Auch wenn es für eine Rezension nicht ungewöhnlich ist, so möchte ich an dieser Stelle noch darauf verweisen, dass explizit auf den Inhalt der Geschichte eingegangen wird.
Cthulhu im amerikanischen Bürgerkrieg!
In dieser dreiteiligen Kampagne verschlägt es die Investigatoren in das ferne Amerika. Sie gelangen von Europa aus an Bord der CSS Alabama nach Virginia, wo sie sich den Truppen der Südstaaten anschließen. Hierfür werden den Charakteren unterschiedliche Optionen und Gründe genannt, damit sie den überwältigen Erfolg des legendären Rebel Yell erleben können. Denn egal ob freiwillig oder unfreiwillig, die Investigatoren werden in die Schlacht von Malvern Hill getrieben, die auch unter dem Namen Schlacht bei Pointdexters Farm bekannt wurde und den Abschluss der Sezessionskriege darstellt. Dort werden sie letztlich auf der Seite der Union die Kraterschlacht von Petersburg miterleben.
Das Weinen der Frau aus den Hügeln spielt zu Zeiten des Amerikanischen
Bürgerkriegs, genauer in Virginia im Jahr 1862. Die Geschichte ist eher dem Bereich Action als Horror zugeordnet und eignet sich für 3-6 Spieler. Im Wesentlichen behandelt sie Themen wie jugendliche Kriegseuphorie, den Eintritt in die Armee und die dazugehörige militärische Ausbildung, die Teilnahme an Kriegshandlungen an sich, diplomatische Verhandlungen in Richmond und die Schlacht unter General Lee. Die Kampagne bietet nicht den Auftakt in ein ungewöhnliches Abenteuer, sondern ist eine in sich abgeschlossene Geschichte in drei Teilen.
Das Weinen der Frau aus den Hügeln
Mit Graue Segel beginnt die Reise der Investigatoren, die sie 1862 von Gibraltar nach Norfolk, Virginia führt. Bereits die Überfahrt ist ein Abenteuer, denn die angeordnete Seeblockade aller Häfen der Südstaaten, macht eine Einreise schwierig und die Charaktere zu Blockadebrechern. Jedoch gibt es diverse, scheinbar unglaubliche Zufälle, die der Mannschaft in die Hände spielen. Plötzlich auftauchende Nebelbänke, ein viel zu schnell fahrendes Schiff, unerhörtes Schlachtenglück und vielleicht auch ein Funken Magie. Am Ende gelangen sie in den Hafen von Norfolk.
Dort geht es direkt weiter, denn die Investigatoren schließen sich schnell dem Süden und somit den Rebellen an. Rebellenschrei, also der Rebell Yell, ist angelehnt an den keltischen Gedanken der Rufe der Todesfee. Einige Rebellenführer planen mit Hilfe von Quachil Uttaus, einem Großen Alten, den Endsieg durch einen mächtigen Zauber, den Schrei der Banshee. Dieser Zauber treibt jeden, der den Ruf vernimmt, in den Wahnsinn und sichert den schreienden Rebellen Siege in entscheidenden Schlachten.
Jedoch hat dieser Zauber seinen Preis. Um seine Wirkung zu entfalten, muss er zuerst mit dem Weinen und Klagen von Witwen und Waisen aufgefüllt werden. Dafür wurden zuvor kleinere Rebelleneinheiten in den Tod geschickt und auch die Investigatoren laufen Gefahr, verheizt zu werden. Daher sind sie gezwungen, die Einheit der Armee der Konföderierten zu verlassen, bevor diese in die Schlacht ins Shenandoah-Tal ziehen.
Um die Rebellen zu stoppen, bleibt den Investigatoren nur die Möglichkeit, die Seiten zu wechseln und sich den Yankees anzuschließen.
Den Abschluss bildet das Abenteuer Der Krater mit der Belagerung von Petersburg. Auf der Seite der Union beteiligen sich die Investigatoren an der Grabung eines langen Tunnels bis hinter die feindlichen Linien und nehmen so an der Kraterschlacht vom 30. Juli 1864 teil. Und deren Name kommt nicht von ungefähr, da neben Magie und Mythos-Kreaturen auch jede Menge Schwarzpulver zum Einsatz kommt.
Lilith-Kulte und das Weinen der Frau
Der Lilith-Kult ist so alt wie die Geschichte selbst und sie taucht in den verschiedenen Regionen der Welt in unterschiedlichster Gestalt auf. Innerhalb der Cthulhu-Mythen hat sie sich in die Traumlande zurückgezogen, agiert jedoch von dort aus sehr direkt mit den Menschen. In dieser Kampagne ist sie aber nicht die Weinende Frau selbst, sondern die Schöpferin eines Kultes, mit dem sich die Investigatoren herumschlagen müssen.
Dieser Kult bekommt von den Menschen den Namen Kinder der Nacht verpasst, da es sich bei den Kreaturen, die ihm angehören, allesamt um Vampire handelt. Diese sind jedoch nicht der Hauptgegner, sondern eher ständig aufkommende Ärgernisse. Ihre Aufgabe in der Kampagne ist es, die Hexenmeister, die Lilith rekrutiert hat, zusammenzutreiben. Diese wiederum sehen sich als Anhänger des Quachil Uttaus und wenige von ihnen beherrschen den Schrei der Banshee, der den Rebellen den Sieg bringen soll.
Hintergrund und Persönlichkeiten
Direkt zu Beginn, quasi passend zur Charaktererschaffung der Investigatoren, findet man eine Aufzählung über die für die Kampagne wichtigen NSC. Diese sind nicht nur unterteilt in Nord- und Südstaaten, sondern auch in die Kategorien Fiktiv und Historisch. Das mag sicherlich nicht für jede Spielleitung relevant sein, jedoch bringen die historisch relevanten Personen nicht nur einen besonderen Flair mit ins Spiel. Sie ermöglichen auch die Zuhilfenahme eines erweiterten Hintergrunds, da man über diese einiges im Netz und einschlägigen literarischen Werken finden kann. Auch wird eine Vielzahl von Hintergrundinformationen genannt, wo man sich informieren kann. So bekommen die NSC mehr Tiefe, was im Idealfall auch für das Abenteuer insgesamt gilt.
Und nicht nur die Persönlichkeiten sind historisch korrekt. Fast alle genannten Orte sind der Realität entlehnt und finden sich hier passend zum Lauf der Geschichte wieder. Der Staat von Virgina, die umkämpfte Hafenstadt Petersburg, die Schlachten an den verschiedenen Hills, Rivers und Lakes.
Gestaltung
Das uns vom Pegasus Verlag zur Verfügung gestellte PDF ist in Vollfarbe und umfasst genau wie das eigentliche Buch 90 Seiten. Wenn man vom Eingangsgeplänkel und den Anhängen absieht, kommt man auf gut 80 Seiten Abenteuer, die jedoch vielfach durch Kartenmaterial oder Infokästchen unterbrochen sind.
Das Bild auf dem Cover bezieht sich sicherlich auf die Darstellung der Lilith im Abenteuer, wobei diese insgesamt ein wenig zu kurz kommt. Immerhin laufen bei ihr der Kult der Nacht und das Ritual um den Schrei der Banshee zusammen, wobei es durchaus möglich ist, dass die Charaktere ihr dennoch kaum begegnen.
Das letzte Kapitel befasst sich mit den unterschiedlichen Spielhilfen und dem vorgefertigten Material. Hier finden sich gleich fünf spielbereite Charaktere mit sehr unterschiedlichen Hintergründen. Vom Militätberater über den Arzt bis hin zum Abenteurer ist sicherlich für jeden was dabei. Des Weiteren findet man die Briefe, die die Investigatoren im Laufe des Abenteuers zugespielt bekommen. Dazu kommen die verschiedenen Schiffspläne der CSS Alabama, USS Carnage und USS Senate. Diese sind für das erste Kapitel der Überfahrt durchaus relevant und auch wenn ich nicht einschätzen kann, ob die Schiffe realitätsgetreu dargestellt sind, so sind alle drei Teil der amerikanischen Flotte um 1860.
Jedoch sind nicht alle Karten am Ende als Handout verfügbar. Viele Pläne, gerade die von Ortschaften oder Landstrichen, müssten aus dem Abenteuer herauskopiert werden. Dabei handelt es sich zwar nur um eine Handvoll, jedoch sind gerade diese für Spieler oftmals sinnvoll, um den Überblick über das Geschehen zu behalten.
Fazit zu Das Weinen der Frau aus den Hügeln
Die Kampagne Das Weinen der Frau aus den Hügeln liest sich gut und flüssig. Die Abenteuer sind nicht kompliziert, fühlen sich jedoch an einigen Stellen durch die historisch genaue Darstellung etwas zäh an. Dennoch bieten sie den Spielern noch Raum für eigene Ideen und Handlungen.
Überhaupt ist das Buch für Cthulhu-Liebhaber sicherlich anfangs ungewohnt. Für diejenigen, die innerhalb ihres Systems nicht gerne experimentieren, keine historischen Simulationen mögen und überhaupt Krieg als Schauplatz nichts abgewinnen können, ist die Kampagne kaum geeignet. Wie bereits im Vorwort geschrieben steht, handelt es sich um einen experimentellen Vorstoß in einen besonderen Teil des Wilden Westens und als solcher muss die Kampagne auch betrachtet werden. Wer sich jedoch darauf einlässt, kann Cthulhu mal auf eine ganz andere Art erfahren.
Auch der Titel Das Weinen der Frau aus den Hügeln scheint im Nachhinein etwas irreführend. Es gibt zwar das Grauen in Form einer weiblichen Gestalt, jedoch ist dies keine greifbare Person. Die weinende Frau leitet sich von einem heulenden Geist ab, dessen Schrei durch Mark und Bein gehen soll. Genau wie der Rebell Yell. Dieser Begriff ist die Übersetzung des irisch-gälischen „bean si“, aus dem das landläufige „Banshee“ wurde. Einer Theorie zufolge ist der Rebel Yell Teil einer langen Traditionslinie keltischen Schlachtengeschreis, das bis in die Antike bezeugt wird.
Insgesamt ist die Idee, eine Cthulhu-Kampagne im amerikanischen Bürgerkrieg anzusiedeln ganz nett, jedoch fehlt den Lovecraft-Fans hier sicherlich einiges an Horror. Andererseits scheint der Amerikanische Bürgerkrieg als Thema gerade interessant zu sein, wie man auch am aktuellen Kickstarter zu Flames of Freedom sieht.
Transparenzhinweis: Das PDF zu Das Weinen der Frau aus den Hügeln wurde der PnPnews-Redaktion zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt.