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Spielleiten auf Conventions – leichter gesagt, als getan

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Die Spielleiterperspektive

Spielleiter stellen sehr meist die treibende Kraft in einer Spielrunde dar. Insofern sehe ich einen großen Teil der Verantwortung, aber auch viele Möglichkeiten in den Händen der Spielleitung, den Verlauf des Spiels in positive Bahnen zu lenken und dort zu halten. Wie eingangs erwähnt, möchte ich keine allgemeingültigen Regeln aufstellen, und ich möchte ganz gewiss niemandem vorschreiben, wie ihr spielen oder spielleiten sollt. Ich habe mir allerdings zu ein paar Themen Gedanken gemacht, die man meiner Meinung nach als Spielleiter auf Conventions berücksichtigen sollte, und hoffe, euch ein paar Denkanstöße und Anregungen liefern zu können.

Respektvoller Umgang miteinander

Oberstes Gebot beim Spielleiten und Spielen

Dieser Punkt ist in meinen Augen der allerwichtigste, deshalb nenne ich ihn zuerst. Bei einer sozialen Aktivität wie Rollenspiel, die das Potenzial hat, tiefe Immersion und heftige Emotionen auszulösen, muss für mich die zwischenmenschliche Komponente immer im Vordergrund stehen. Das Wohlbefinden meiner Mitspieler hat für mich oberste Priorität und falls dieses durch Inhalte gefährdet wird, die in unserem gemeinsamen Spiel aufkommen, dann muss das Spiel im Zweifelsfall zurückstecken. Ebenso wünsche ich mir natürlich, dass meine Mitspieler denselben Respekt auch mir entgegenbringen. Das bedeutet, gegenseitig Bedürfnisse und Wünsche an das Spiel zu kommunizieren und auf die der anderen einzugehen, um einen gemeinsamen Weg zu finden. Wenn ich als SL auf Biegen und Brechen nur meine eigenen Ideen verwirklichen will, ohne Rücksicht darauf, ob meine Spieler tatsächlich daran Spaß haben, greife ich ebenso daneben, wie Spieler, die bewusst und absichtlich mein vorbereitetes Szenario sprengen, Konflikte innerhalb der Gruppe schüren oder auf andere Weise ein harmonisches Zusammenspiel aktiv blockieren.

Privat leichter als auf einer Convention

Im Szenario der privaten Spielrunde mag das Zwischenmenschliche für viele kein Problem darstellen. Doch dieser Grundsatz für ein gesundes Miteinander darf auch während einer unverbindlichen Spielrunde auf einer Convention nicht außer Kraft gesetzt werden. Bloß weil ich mit wildfremden Menschen am Tisch sitze, mit denen mich zunächst nichts verbindet, bedeutet das nicht, dass mir ihr Wohlbefinden egal sein kann. Im Gegenteil, mir unbekannte Menschen muss ich zunächst wenigstens rudimentär kennen und einschätzen lernen, um die Art der Kommunikation zu erreichen, die wir brauchen, um harmonisches Rollenspiel betreiben zu können. Hier muss ich auch berücksichtigen, dass es manchen Menschen nicht so leicht fällt, sich anderen zu öffnen und offen Emotionen zu übermitteln, wie ich es vielleicht aus der privaten Spielrunde gewohnt bin.

Aus der Position des Spielleiters heraus sehe ich es daher als meine Aufgabe, eine Atmosphäre des Vertrauens zu schaffen, in der sich meine Mitspieler soweit sicher fühlen, dass sie in der Lage sind, ihre Bedürfnisse offen zu kommunizieren. Wie das genau funktioniert, dafür kann es vermutlich kein Universalrezept geben. Das hängt von jedem einzelnen Menschen ab, auch vom individuellen Stil sowie dem jeweiligen Spiel und dessen Schwerpunkten und Intensität. In jedem Fall sollte man diesen Aspekt des Spielleitens jedoch ernst nehmen und während des Spiels immer im Hinterkopf behalten.

Sorgfältige Auswahl der Themen beim Spielleiten

Gedanken zu den Randbedingungen

Einer der ersten Schritte, wenn ich mich auf eine Spielrunde vorbereite, ist die Frage nach dem Spiel an sich. Nach dem System, dem Setting, dem Szenario, den Charakteren. Nach den Themen und Inhalten, die ich vorhabe, ins Spiel zu bringen. Hierbei sollte ich mir Gedanken darüber machen, wie bestimmte Inhalte und Spielsituationen auf unterschiedliche Spieler wirken können. Dies lässt sich natürlich nie mit Bestimmtheit sagen, aber manche Themen lösen erfahrungsgemäß heftigere Reaktionen aus als andere. Wenn ich die Mitspieler meiner privaten Runde einigermaßen kenne, kann ich versuchen, ihre Reaktionen und deren Intensität sowie ihre persönlichen Grenzen abzuschätzen. (Dennoch sollte ich im Zweifelsfall unbedingt nachfragen! Dazu später mehr.)

Wenn ich mich nun aber auf eine Convention-Runde mit mir unbekannten Personen vorbereite, habe ich diese Möglichkeit nicht. Ich muss also in der Lage sein, spontan und flexibel auf unerwartet geäußerte Befindlichkeiten zu reagieren. Daher sollte ich mir sorgfältig überlegen, welches Spiel ich mit fremden Menschen spielen möchte, welches Szenario, welche Themen und Spielelemente ich verwenden will. Wenn ich Charaktere vorbereite, gilt diese Überlegung natürlich auch. Wenn ich Charaktere vor dem Spiel erschaffen lasse oder die Spieler eigene Charaktere mitbringen (die ich nicht kenne), sollte ich mir auch im Vorfeld Gedanken machen, welche Aspekte eines Charakters, welche Thematiken problematisch für das Spiel sein können.

Wichtig: Alternativen bei kritischen Themen

Außerdem sollte ich mir einen Plan zurechtlegen, wie ich darauf reagieren möchte, wenn Spieler von sich aus bestimmte Themen einführen, bei denen ich Konfliktpotenzial vermute. Bei all diesen Betrachtungen sollte ich auch in der Lage sein, Alternativen anzubieten, wenn Elemente Probleme verursachen, die entweder meine eigenen Pläne vorsehen oder solche, die die Spieler unerwartet ins Spiel bringen. Ähnliches gilt für bestimmte Spielstile oder SL-Techniken, wie etwa das Einbauen von unerwarteten, besonders heftigen „Schockmomenten“ oder das kurzzeitige Entziehen der narrativen Kontrolle von Spielern über ihre Charaktere (wie es der SL aus dem UKGE-Beispiel schildert). Diese Art von Spielstil ist sicherlich Geschmackssache, dürfte aber meiner Einschätzung nach einen polarisierenden Effekt innerhalb der Community hervorrufen. Wenn ich diese Techniken gegenüber mir gänzlich unbekannten Spielern einsetze, sollte ich darauf vorbereitet sein, dass jemand damit ein Problem haben könnte.

Ich möchte an dieser Stelle keine Vorgaben machen, welche Themen oder Spielstile ich für ungeeignet oder problematisch halte. Das muss jeder für sich entscheiden und die jeweilige Gruppe gemeinsam erarbeiten. Ich möchte lediglich zu bedenken geben, dass man im Convention-Setting mit wildfremden Menschen am Tisch viele unbekannte Faktoren erwarten sollte. Auf diese angemessen einzugehen kann viel Arbeit bedeuten und wird anstrengender, je mehr schwerwiegende, ernste, düstere, kontroverse Themen man sich mit ins Boot holt. Man sollte sich also unbedingt im Vorfeld überlegen, ob man sich die Handhabung von Spielen mit hohem Konfliktpotenzial einerseits zutraut und andererseits den Aufwand wirklich erbringen möchte, den es erfordert, sie in angemessener Form zu leiten.

Fortsetzung auf der nächsten Seite.

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