Campfire Con – ein virtueller Convention-Bericht
Am Samstag, den 30.01.21 fand zum zweiten Mal die Campfire Con als Online-Convention statt. Wie beim letzten Mal lag der Fokus auf Indie- und Erzählrollenspielen. Nach dem positiven Feedback der letzten Veranstaltung, wollte man nicht ein ganzes Jahr verstreichen lassen und entschied sich für eine Wiederholung im Januar. Ich war virtuell dabei und möchte von meinen Erfahrungen berichten.
Epoch – eine Horrorfilm-Erfahrung
Ich startete in die Con mit einer Runde Epoch, einem Erzählspiel der neuseeländischen Imaginary Empire Games. Das Spiel stellt einen Survival-Horrorfilm nach und ist ideal für eine Spielsitzung. Unsere Charaktere deckten die klassischen Protagonisten eines Teenie-Slashers ab. Vom Sportler über den Nerd bis zum Rebell war alles vertreten. Da die Vorgaben sehr offen waren, konnten wir unsere Charaktere noch ausbauen und untereinander Beziehungen knüpfen. Danach ging es auch schon los. Eigentlich waren wir nur auf der Rückfahrt von einem Musikfestival. Aber nach einigen seltsamen Vorkommnissen war schnell klar, dass unser einziges Ziel war, zu überleben.
Da das Spiel auf Würfel verzichtet, hatte jeder der fünf Spieler vier Ergebniskarten zur Verfügung. Am Ende jeder Spielszene, von denen es maximal sechs pro Abenteuer gibt, musste man mindestens eine Karte einsetzen, um eine mentale oder physische Herausforderung zu meistern. Der Effekt auf der Karte entschied, ob man sich lediglich eine Verletzung zuzog, oder vielleicht sogar der Held der Szene wurde. Waren alle Karten aufgebraucht, konnte der jeweilige Spieler nur noch erzählen, wie sein Charakter aus dem Leben scheidet.
Die Gruppe dezimierte sich rasant …
Wie in einem Film dezimierte sich die Gruppe rasant. Als erstes Opfer war ich an der Reihe. Aber was sollte man machen, ich war der Außenseiter und nur mit den anderen auf dem Festival, weil ich als einziger ein Auto hatte. Zwischen den einzelnen Szenen gab es eine Wahl zur interessantesten Figur. Wer diese gewann, konnte sich eine der ausgespielten Ergebniskarten nehmen, um für die kommenden Gefahren besser gerüstet zu sein. Die Verlierer dieser Wahl erhielten eine Flashback-Karte. Mit dieser Karten konnten sie in kommenden Szenen eine Rückblende spielen, die dazu diente ihren Charakter und die Beziehungen zu den anderen genauer zu beschreiben.
Doch es kam wie es kommen musste: einer nach dem anderen starb, sodass am Ende nur zwei Charaktere überlebten. Spielleiter für diese Sitzung war Michael Jaegers, der Herausgeber des Jaegers.Net Podcast. Er jagte uns durch unseren eigenen Horrorfilm und sorgte dafür, dass alle Spieler am Ende begeistert waren. In der Nachbesprechung ging er noch auf die verschieden Settings und Erweiterungen ein, die der Verlag herausgebracht hat. Außerdem sprachen wir darüber, dass es gerade bei einem Erzählspiel wie diesem ganz wichtig ist, im Vorfeld über die persönlichen Grenzen der Mitspieler zu sprechen, damit es während des Spiels nicht zu kritischen Situationen kommt.
Geh nicht in den Winterwald – Die Mutprobe
Um Mitternacht starte meine zweite Runde auf der Campfire Con. Eine perfekte Uhrzeit, um leicht übermüdet in den Winterwald aufzubrechen. Man spielt hier einen Dorfbewohner, der einen angrenzenden Wald betreten muss, um den sich düstere Legenden und viele Gerüchte ranken. Wir spielten eine Gruppe Halbwüchsiger, die sich regelmäßig hinter der Kirche traf, um sich Geschichten zu erzählen. Da sie dieser Geschichten schnell überdrüssig waren, entschieden sie, als Mutprobe in den Winterwald zu gehen. Die Legenden gaben genau vor, wie man den Wald betreten musste, doch leider hielt sich nicht jeder daran. Damit nahm die Geschichte ihren verhängnisvollen Verlauf.
Das herausragende Merkmal des von System Matters in der deutschen Fassung herausgegebenen Spiels ist die Erzählweise. Wie eine Geschichte am Lagerfeuer wird das ganze Spiel in der Vergangenheit und in der dritten Person erzählt. „Vorsichtig spähte Peter zwischen den Bäumen hindurch …“
Trotz der fortgeschrittenen Stunde hatten alle Spieler die Systematik schnell verinnerlicht. Zusammen mit der Spielleiterin erschufen wir eine gruselige Geschichte, die durch ihre ruhige Erzählweise noch verstärkt wurde. Verzweifelt suchten wir einen Weg zurück in unser Dorf, welches wir nach knapp 2 Stunden wieder erreichten. Leider hatten wir es nicht alle zurück aus dem Winterwald geschafft. Nach einem kurzer Nachbesprechung war diese Runde auch schon wieder vorbei.
Nächste Campfire Con im August
Jörg, der Initiator der Campfire Con und das Orga-Team sind mit der zweiten Auflage sehr zufrieden. Es kam nicht zu größeren Problemen, und die Zahl der Spielrunden und Teilnehmern konnte gegenüber dem Vorgänger gesteigert werden. Über den Tag verteilt fanden 28 Runden mit etwas über 90 Teilnehmern statt.
Direkt zu Beginn wurde auch bereits der 7. August als Termin für die dritte Ausgabe der Convention bekanntgegeben. Da es zum jetzigen Zeitpunkt nicht abschätzbar ist ,wie sich die Situation in Bezug auf Corona darstellt, wird die Convention auf jeden Fall wieder online veranstaltet.
Ich persönlich war von der Convention sehr begeistert. Ein großes Lob geht an das Orga-Team, das den ganzen Tag über erreichbar war. Auftretende Probleme wurden im Handumdrehen gelöst, kurzfristige Rundenänderungen und -ankündigungen wurden umgehend auf dem Discord-Server für alle publik gemacht. Neben bekannteren Erzählspielen wie Ten Candles, Fiasco oder Geh nicht in den Winterwald wurden auch einige unbekanntere Vertreter des Genres zum Spielen angeboten. Gianni Ventrella, Autor von Scherbenfresser, leitete eine Autorenrunde, und der 3W6-Podcast war auf der Con auch vertreten. Ein Tipp für alle, die einmal in die Welt der Erzählspiele eintauchen möchten.