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Rezension: Malmsturm – Länder des Sturms

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Vorwort

Gastautor Finarfin rezensiert in einer dreiteiligen Reihe die drei bisher erschienenen Bände der zweiten Edition des Pen & Paper Rollenspiels Malmsturm. Nach Malmsturm – Die Fundamente geht es in diesem Artikel um den zweiten Band Malmsturm – Länder des Sturms. Finarfin bewertet diesen Band in Kenntnis der übrigen Bände.

Malmsturm – Länder des Sturms ist der neue Settingband des beim Uhrwerk-Verlag erschienenen Fate-Rollenspiels Malmsturm und ersetzt das noch nach Fate 3 konzipierte Malmsturm – Die Welt. Ist die Übertragung auf Fate Core gelungen? Kommt das Sword-and-Sorcery-Gefühl angemessen rüber und wird die Welt entsprechend abgebildet?

Die Aufmachung

Malmsturm – Länder des Sturms kommt als dickes Hardcover mit ca. 470 Seiten knapp unter DIN A4 daher. Der Band ist wie Malmsturm – Die Fundamente optisch an schwarzes Gestein angelehnt und trägt vage erkennbar eine rot blutende Malmsturmrune unter dem goldenen Schriftzug. Der Goldschnitt des Regelbandes fehlt dieses Mal. Das Innere des Buches ist in Schwarz-Weiß gehalten, trumpft also optisch nicht so sehr auf wie Die Fundamente.

Die Texte sind wieder einspaltig mit breitem Rand gedruckt. Die Zwischenüberschriften sind in den breiten Rand gedruckt und regelbezogene Tabellen mit weißer Schrift auf schwarzem Grund hinterlegt. Weiterhin sind die Kapitelanfänge wieder durchgängig durch einen schwarzem Hintergrund hervorgehoben. Beibehalten wurden außerdem die kursiven Ingame-Texte allerorten, die mit schräg aufsteigender Zeilenführung gedruckt und somit von Hintergrund- und Regeltexten klar unterscheidbar sind.

Der Stil der Illustrationen wurde beibehalten, schwarz-weiß mit groben Pinselstrich, etwas holzschnittartig, aber ungeheuer lebendig und dynamisch: muskelbepackte, halbnackte Barbaren, dazu entsprechend gestaltete Frauen, die einem 80er-Jahre Heavy-Metal-Cover entsprungen scheinen.

Eine angekettete nackte Frau auf einem Altar, hinter ihr ein vermummter Kultist mit erhobenem Dolch, im Hintergrund steigt eine Rauchsäule auf.
Dramatisches Menschenopfer im Heavy-Metal-Stil – Malmsturm: Länder des Sturms

Der Verzicht auf Farbdruck beseitigt den Schnitzer in Die Fundamente, so dass auch die schwarzen Buchseiten gut lesbar sind
Weiterhin wird am Ende fast jeder Seite ein Heavy-Metal-Song angegeben, so dass die Optik ihrem Stil treu bleibt. Man kann ein Malmsturm-Buch auch auf den Innenseiten auf den ersten Blick erkennen.

Auch dieses Buch ist recht klassisch und sinnvoll aufgebaut: Nach einem Übersichtskapitel werden in drei nahezu identisch aufgebauten Kapiteln die drei schon in Malmsturm – Die Fundamente erwähnten Hauptregionen in identischer Weise beschrieben: Der Norden, die Waismark und das Imperium. Die weiteren Kapitel gehen auf die übrigen Regionen der Welt ein, auf die mythische Vorgeschichte der Welt, präsentieren ein Bestiarium – wieder nach den drei Hauptregionen sortiert – und fassen im Anhang Regeln zur Aussprache der Ingame-Begriffe zusammen und listen sämtliche Stunts auf.

Insgesamt bleibt Malmsturm auch in Länder des Sturms seinem Stil treu. Wem Die Fundamente gefallen, der wird sich in Länder des Sturms auch direkt zurechtfinden.

Der Inhalt

Die Welt

Das erste Kapitel liefert einen allgemeinen Überblick über die Welt und auch das Buch: Der Aufbau der späteren Kapitel wird vorweggenommen und die überregional gültigen Elemente der Welt von Malmsturm definiert.
Die Welt von Malmsturm ähnelt weitgehend auf den ersten Blick unserer Welt, ein in etwa gleich großer Planet vergleichbarer Dichte und Schwerkraft, der eine gelbe Sonne umkreist.

Doch neben geografischen Feinheiten sind einige Unterschiede bedeutend: Die Erde von Malmsturm wird von der sogenannten Dramatischen Realität bestimmt. Sein und Bewusstsein befinden sich in einem wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnis, so dass die kollektiven Wünsche und Ängste das Umfeld verändern. So passen z.B. Wetterlage und Ereignisse meistens gut zusammen: Auf einem ausgelassenen Dorffest scheint die Sonne, eine Stadt der Diebe ist stets in düsteren Nebel gehüllt. Wo immer die Spielleitung ein Klischee bedient, ist dies durch die Dramatische Realität gerechtfertigt, da die kollektive Erwartung ja das Klischee real werden ließ.

Gerät eine solche Manipulation der Welt außer Kontrolle, kommt es zum namensgebenden Malmsturm: In einem magischen Wirbelsturm versucht sich die Welt selbst zu reorganisieren und widersprüchliche Erwartungen der Menschen wieder in Einklang zu bringen, meist mit verheerenden Auswirkungen.

Zusammengehalten wird diese Welt von einem Netzwerk sogenannter Sphragiliten, magischen Siegelsteinen, die die fluide Dramatische Realität stabilisieren. Es werden mehrere Ingame-Theorien benannt, die die genaue Funktionsweise der Sphragiliten mutmaßen; welche davon oder ob überhaupt eine zutrifft, wird offengelassen.
Einige Eckdaten der Welt werden auch benannt, ein vager historischer Überblick gegeben und Maße, Gewichte und Zeiteinheiten definiert.

Der Norden

Der Norden, die riesige kontinentale Landmasse, nimmt fast die gesamte Landfläche des Planeten ein. Im Süden weitestgehend von der Gebirgskette der Nedderfællen begrenzt, bietet er ein Setting, das zum einen eiszeitlich geprägt ist, mit Mammuts, Wollnashörnern, vereisten Tundren und zugefrorenen Seen, und zum anderen kulturell und technisch mit der frühen europäischen Eisenzeit vergleichbar ist: Langhaarige Barbaren mit groben Schwertern und Äxten, irgendwo zwischen Kelten, Wikingern und Skythen angesiedelt, unter denen Conan der Barbar nicht sonderlich auffallen würde.

Sieben Völker werden beschrieben, z.T. auf der jeweils ersten Seite mit derselben Wortwahl wie in Die Fundamente. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass beide Bände ursprünglich als einer geplant waren. Neben der in Settingbänden üblichen Beschreibung wird jedes Volk aber auf einen Aspekt heruntergebrochen, mit genauen Beschreibungen dazu, wie dieser Aspekt eingesetzt oder gereizt werden kann. Dass hier auch mit dem Regelelement der Aspekte gearbeitet wird, finde ich ganz hilfreich. Die Aspekte sind ein wichtiges Element des Fate-Core-Systems und zudem überaus geeignet, mit wenigen Worten einen überaus präzisen und am Spieltisch umsetzbaren Eindruck zu vermitteln.

Jedes dieser sieben Völker wird so unverwechselbar beschrieben, dass sich ein Krieger der Choár mit seiner Ehre und Abstinenz klar und deutlich von einem Krieger der Thuul unterscheidet, die mit ihrer Abenteuerlust überall zu finden sind und das Saufen und Rauchen als kulturelle Höchstleistung betreiben.

Die fünf großen Städte des Nordens werden ähnlich knapp und zackig beschrieben. Wieder runden Aspekte das Bild eindrücklich ab, so dass schnell klar wird, was das für eine Stadt ist. Grimwerk als Stadt der Kampfschulen und Waffenschmieden unterscheidet sich so deutlich von Nidbærg als wehrhafte Stadt der Kneipen und Brauereien.

Das Gleiche gilt für die verschiedenen Regionen des Nordens: Einer klaren, kurzen Beschreibung folgt die eindrückliche Zusammenfassung in drei Aspekten. Auch wenn Hodmimholt und Grindwald beides Waldgebiete sind, so ist ersterer von einer menschenfeindlichen Böswilligkeit erfüllt, während der Grindwald und die Hügel des Nifelend von den Reiternomaden der Thraskiten bevölkert werden.

Mit der Besiedelung des Westens wird ein größeres Projekt der Nordvölker beschrieben, das sich in zahlreichen Ingame-Texten wiederfindet, und zwischen einem amerikanischen Go West einerseits und cthulhoiden Schrecken andererseits schwankt.

Drei mystisch-magische Landmarken werden beschrieben, außerdem besondere Rohstoffe und die Grenzgebiete zu Waismark und Imperium besonders herausgestellt.

Natürlich wird auf die Religionen des Nordens eingegangen, besonders auf das Pantheon der Thuul, das eine urwüchsige Götterfamilie im Kampf gegen die erste Ehefrau des Göttervaters und ihre Riesen zeigt.
Anschließend bieten mehrere Legenden Anregungen für Plots und Abenteuer, etwa die Waldburgen des Hodmimholts, die immer wieder Menschen in ihren Bann ziehen, so dass sie versuchen, die Burgen wiederzufinden und nicht zurückkehren.

Auch ein Abschnitt über die Magie des Nordens findet sich, der noch einmal überblicksrtig die kleinen und großen magischen Traditionen des Nordens zusammenfasst.
In einem Abschnitt über verborgene Geheimnisse werden zwei zu zwergenhaften, unterirdischen Wesen mutierte Menschenvölker beschrieben, derer sich die anderen Völker nicht bewusst sind und die als Geheimnis auftauchen können. Abgeschlossen wird das Kapitel durch einen Überblick über die vergangenen 8.000 Jahre Geschichte.

Auffällig ist, dass in Länder des Sturms, wie schon in Die Fundamente, die beschreibenden Texte v.a. Fakten und Wissen vermitteln und manchmal auch etwas trocken rüberkommen. Allerdings vermitteln die auf annähernd jeder dritten Seite vorhandenen Ingame-Texte einen sehr dichten Eindruck des Nordens, bringen sehr gut die Stimmung dieser Region rüber und liefern immer wieder kleine Plotansätze.

So bieten die beschreibenden Texte einen festen Rahmen und verlässliche Daten, doch dieser Rahmen wird durch die Ingame-Texte mit Leben gefüllt: Wilde Barbaren stellen sich in epischer Weise den eisigen Gefahren des Nordens, wo Conan den Kampf gegen wilde Horden und cthulhuide Monstren aufnimmt.

Die Waismark

In ähnlicher Weise wird auch die Waismark beschrieben: Auf eine grobe Übersicht folgt eine Beschreibung der sechs Völker und ihrer Sprachen, 29 Städte und Regionen werden beschrieben und in jeweils drei Aspekten genauso eindrücklich zusammengefasst. Berüchtigte Ruinen und Trümmerfelder erhalten ebenso einen eigenen größeren Abschnitt wie besondere Rohstoffe, Religion, Legenden, Magie, verborgene Geheimnisse und die Geschichte der Waismark.

Die Waismark hat einen völlig anderen Charakter als der Norden: Anstatt wilder, urtümlicher Barbaren finden wir hier eine Welt des finstersten Mittelalters vor. Statt weiter Tundren und Eiswüsten begegnen uns hier arme Dörfer im Schatten finsterer Wälder voller Ungeheuer, die von den schweren Mauern der Burgen und Klöster überragt werden.

Die Waismark ist nicht geeint, sondern etliche Fürsten und Städte stehen einander entweder durch wackelige Bündnisse verbunden oder doch feindselig gegenüber. Die bösartigen, z.T. außerirdisch anmutenden magischen Gefahren liegen nicht unter meterdickem Eis verborgen, sondern lauern in den dunklen Wäldern oder in verbotenen Büchern in den Kellern der Klöster.

Wo im Norden die grausame Ehrlichkeit blanken, kalten Stahls das Schicksal der Menschen bestimmt, sind es in der Waismark die Machtkämpfe von Adel und Kirche, die irgendwo im Spannungsfeld von Krieg, Inquisition und Hofintrige stattfinden. Es ist weniger die Geschichte eines Conan, die in der Waismark erzählt wird, sondern vielmehr die geheimnisvollen Ränke aus Umberto Ecos Der Name der Rose, vermischt mit den Kriegen und Adelsintrigen aus Game of Thrones.
Weitere zentrale Elemente sind zum einen die Ureinwohner der Waismark und zum anderen die Trisantische Kirche.

Von imperialen Siedlern vor Jahrtausenden in die Wälder getrieben, haben die Ureinwohner zahlreiche Mysterien im Land hinterlassen und wurden in den Wäldern zu genau den Ungeheuern, für die die Waismärker sie halten. Was einst Menschen waren, sind nun durch die Dramatische Realität Feenwesen geworden, die nur mit Mühe den Anschein von Menschlichkeit aufrechterhalten können.

Die Religion nimmt im Waismark-Kapitel eine größere Rolle ein. Glaube und Struktur der Trisantischen Kirche, die eine göttliche Trias aus Vater, Mutter und Sohn anbetet, werden genau beschrieben. Überreste einer alten Sekte von Ketzern, die möglicherweise näher an der Wahrheit dran war als die Trisantische Kirche, dürfen ebenso wenig fehlen wie heidnische Anhänger alter imperialer Dæmonenkulte, so dass die Zætoren, die Inquisitoren der Waismark, alle Hände voll zu tun haben, um die Reinheit des wahren Glaubens aufrecht zu erhalten.

Ein interessanter Plottwist, den ich hier nicht spoilern möchte, ergibt sich, wenn man in der heiligen Stadt Lyonnas auf Statuen trifft, die die ursprünglich angebetete Gestalt der Heiligen Trias zeigen.

Der erzählerische Fokus liegt in der Waismark also weniger auf der offenen Brutalität des Nordens als vielmehr auf der Bigotterie, aktiv verborgen gehaltenen Mysterien und der Grausamkeit des Standesunterschiedes zwischen Bauern und Adel. Die menschlichen Abgründe sind hier viel tiefer, nur verborgen unter einer brüchigen Fassade falscher Heiligkeit.

Und auch hier erzählen vor allem die „Texte und Stimmen der Waismark“, die Ingame-Texte, die spannendsten Geschichten und werfen Fragen auf, deren Antwort der waismärkische Verfasser des Textes beinahe glaubt gefunden zu haben. Die Beschreibungen sind wieder recht nüchtern, doch das reißen die Ingame-Texte jedes Mal wieder raus.

Das Imperium

Auch das Imperium wird nach demselben Muster beschrieben. Und wieder wird uns eine neue Variante des Sword-and-Sorcery-Genres präsentiert.
Das Imperium ist ein uraltes Reich, das unter der Last der Vergangenheit erdrückt wird, unfähig und viel zu selbstgefällig, um sich voran zu bewegen. In einer eigenwilligen Mischung aus dem Alten Rom, Byzanz, dem Orient und uralten Maschinen vergangener Zeiten ist das Imperium ein Ort unbeschreiblicher Dekadenz und Menschenverachtung.

Kahlköpfiger Mann auf einer Ottomane zieht an einer Zigarette und pustet Rauch in Form eines Dämons aus.
Imperiale Dekadenz – Malmsturm: Länder des Sturms

Statt regionaler Volksstämme wird das Imperium von sozialen Schichten bestimmt. An der Spitze der Gesellschaft steht der Adel, der seine Zeit mit Orgien, sinnlosen Intrigen und Dæmonenbeschwörungen verbringt. Menschenopfer werden dargebracht, um einen exotischen, außerirdischen Dæmon zu beschwören. Dieser soll auf einer Orgie als Attraktion auftreten, damit man unter dieser Ablenkung die Gelegenheit hat, ein hochrangiges Mitglied eines Adelshauses zu ermorden, mit dem man schon lange verfeindet ist. Aufzeichnungen, die den Grund dieses Hasses erklären könnten, wurden längst vom Zahn der Zeit vernichtet.

Am unteren Ende der sozialen Leiter stehen die Irrformen, durch magische Experimente entstandene deformierte Mutanten, die die Kavernen früherer städtischer Bebauung behausen und in dieser Dungeon-Landschaft ums Überleben kämpfen.

Dazwischen liegen die Gilden der Alchemisten und die Priester zahlloser fanatischer Kulte, die meistens einen Lebenden Gott anbeten. Bei diesem handelt es sich um einen machtgierigen Dæmon, eine gegen ihren Willen gefangen gehaltene Irrform, die sich nicht gegen die Ausbeutung ihrer übersinnlichen Fähigkeiten wehren kann, oder um ein mutiertes Ungeheuer. Dass hier Sklaven oder Jungfrauen aus der Unterschicht geopfert werden, stört im Imperium niemanden.
Einen besonderen Beigeschmack erhält das Imperium dadurch, dass die hier häufig beschworenen Dæmonen im Grunde genommen außerirdische Wesen sind, die nicht Teil eines ultimativen Kampfes zwischen Gut und Böse sind, sondern wie die Menschen des Imperiums genauso intriganter Tyrann wie auch hilfloses Opfer fremder Intrigen sein können.

So mag ein Dæmon durchaus ein uraltes Stück radioaktiver Technologie in seine Klauen bekommen wollen, um sich damit nach Jahrtausenden der Sklaverei wieder auf seinen Heimatplaneten zu teleportieren. Hierfür werden dann auch einige fremde Planeten und die sie bevölkernden Dæmonen beschrieben, innerweltlich schön unter dem Empyræischen Atlas als Zauberbuch und dæmonologisches Grundlagenwerk betitelt.

Während die Intrigen und Machtkämpfe der Waismark wenigstens für die Kämpfenden von Belang sind und die Unterdrückung der Bauern zumindest dem Anschein nach religiös legitimiert wird, sind die Intrigen des Imperiums inhaltlich hohl und leer, reine Tradition und das Buhlen um belanglose, phantasievolle Titel. Die grausame Unterdrückung der Unterschicht wird hingegen offenen Auges ignoriert, missachtet und für selbstverständlich gehalten.
Während im Norden ein Barbarenkrieger seine Grausamkeiten als Beweis seiner Macht und Stärke begeht, sind sie im Imperium eher der Zeitvertreib gelangweilter Adliger.

Der Rest der Welt

Natürlich haben auch die übrigen Regionen der Welt von Malmsturm ein Kapitel erhalten, wenn auch deutlich kürzer:

Auf dem einst von einem gewaltigen Malmsturm umgewandelten Subkontinent Narakaná regieren in einem Land voller Vulkane und Aschewüsten zu dæmonenhaften Wesen umgewandelte ehemalige Menschen über Herden nicht verwandelter Menschen, die sie als Sklaven und Vieh halten.

Und doch besitzt der Iamad als Herr dieses Landes ein tieferes Verständnis von der fragilen übernatürlichen Struktur der Welt und ist bei all seiner Grausamkeit bereit, ein weiteres Abgleiten der Welt in die Hölle zu verhindern.

Die tropische Inselwelt Dhelyriens – der Anklang an das Delirium als Geisteszustand scheint nicht zufällig – wird oft von imperialen Seefahrern angesteuert, v.a. der bewusstseinserweiternden Drogen wegen oder um die steinzeitlichen Einwohner als Sklaven zu nehmen, die merkwürdig freiwillig mitkommen.

Der Kontinent Gomgarka wiederum ist eine von vage an Afrika erinnernden Elementen geprägte Region, was sich v.a. in den Ortsnamen bemerkbar macht. In den Ngangeri-Bergen oder den Dschungeln im Tiefland von Ulanga wimmelt es von Ungeheuern, uralten Ruinen, fanatisch religiösen Städten und anderen aggressiven Völkern.

Insgesamt bietet dieses Kapitel weniger detaillierte Beschreibungen als vielmehr Hinweise auf weitere Geheimnisse und zahllose Plotansätze, seien es Ingame-Texte oder Bildunterschriften, die das gezeigte Bild in ein anderes Licht rücken.

Wahrheiten und Geschichten

Hier wird nun über fragmentarische Ingame-Texte aus allen drei Hauptregionen relativ konzentriert auf die Kosmologie eingegangen, die auch von Spielercharakteren beim Aufdecken der tieferen Geheimnisse gefunden und gelesen werden können.

Für diese Rezension ist hier weniger der konkrete Inhalt dieser Geheimnisfragmente wichtig als vielmehr das Konzept dieser Darstellung: Es werden eine große Menge an Hinweisen gegeben, die auch einige einigermaßen klare Schlussfolgerungen zulassen, aber eine absolute Wahrheit wird eben nicht präsentiert. Dies passt sehr gut zum generellen Ansatz von Fate. So können die Spieler ab einem gewissen Punkt selbst entscheiden, welche ihrer Theorien sich bewahrheitet.

Ein gekrönter Dämon auf einem Thron, dem Gedärme aus dem offenen Bauch quellen.
Der Gott der Leere – was verbirgt sich hinter dieser Gestalt? – Malmsturm: Länder des Sturms

Ich persönlich finde diesen Ansatz sehr befriedigend, da man als Spielrunde so selbst entscheiden darf und muss, was am Ende als Auflösung dasteht. Keine subjektive Fehlentscheidung eines Autors, sondern eine rundenspezifische Lösung im Spannungsfeld zwischen Plausibilität und Coolness kann den Abschluss bilden. Doch dank der vielen Hinweispakete werden Spielleitung und Spieler dennoch von den Autoren nicht im Stich, sondern vielmehr im entscheidenden Moment freigelassen. Auch hier gilt: Mehr Fate Core geht nicht.

Ein Bestiarium

Auf knapp 30 Seiten wird auch in diesem Band eine nach den drei Kernregionen sortierte Sammlung von Bestien gezeigt. Ob man nun wirklich – gerade bei Fate – Monstersammlungen benötigt, weiß ich nicht, aber ich finde hier schön und sinnvoll, dass jedes Monster an mit einer Geschichte und einem Abenteueraufhänger versehen ist. Diese sind weitgehend gut und spannend gemacht, so dass sogar ein absoluter Monsterbuch-Muffel wie ich damit etwas anzufangen weiß, und das will was heißen!

Alte Augen

Dies ist – so kurz es auch sein mag – mein absolutes Lieblingskapitel: In drei nach den drei Hauptregionen sortierten Varianten wird mit dem Alten Kaiser ein mysteriöser Nichtspielercharakter eingeführt, der wieder äußerst eng mit den Andeutungen der Geheimnisse der Welt von Malmsturm verbunden ist. In einer Variante durchbricht diese Gestalt sogar fast die Vierte Wand und kann insgesamt hervorragend als Aufhänger genutzt werden, um die Spieler die tieferen Geheimnisse der Welt zu erkunden zu lassen.

Anhänge

Neben einer Übersicht über alle irgendwo im Werk erwähnten Stunts findet sich hier eine verbindliche Liste zur Aussprache aller Begriffe der Welt von Malmsturm. Zu wissen, dass Bælogh nun Bäloch ausgesprochen wird, finde ich ganz hilfreich. In anderen Spielwelten empfand ich es stets recht unangenehm, mich bei einem Rundenwechsel an eine völlig andere Aussprache der Namen zu gewöhnen.

So viel bekommt ihr für euer Geld

Mit 39,95 € liegt Malmsturm – Länder des Sturms im üblichen Rahmen eines Weltenbandes, angesichts der ca. 470 Seiten ein fairer Preis. Gefüllt mit jeder Menge dynamischer Schwarz-Weiß-Zeichnungen, die nicht diejenigen aus Malmsturm – Die Fundamente doppeln. Mit einem in die bisherige Reihe passendem Cover wäre dies da schon eine Ergänzung für Sammler, die Die Fundamente schon gekauft haben. Der Tatsache geschuldet, dass Die Fundamente und Länder des Sturms ursprünglich als ein Band geplant waren, doppeln sich einzelne Seiten, aber insgesamt bekommt man eine inhaltlich wie atmosphärisch dichte, aber nicht einengende Beschreibung der gesamten Spielwelt.

Fazit

Malmsturm – Länder des Sturms bietet eine ungemein fate-typische Beschreibung der Spielwelt von Malmsturm. Mit besonderem Fokus auf die drei Hauptregionen Norden, Waismark und Imperium finden wir hier eine Beschreibung, die eine an Fate-Aspekten orientierte Darstellung zahlloser Schlaglichter präsentiert.

Besonders gelungen ist die Atmosphäre, die durch die vielen Ingame-Texte wie „Stimmen der Waismark“ oder „Texte des Imperiums“ erzeugt wird. Diese beschreiben die Welt viel eindrücklicher als die Erklärtexte vieler anderer Spiele, gewähren dabei aber auch eine Offenheit dahingehend, ob der jeweilige Text Tatsache oder doch nur dummes Geschwätz der Einheimischen ist.

Dabei sind all diese kleinen Texte und mit einem kurzen Teaser versehenen Bilder miteinander verwoben, so dass z.B. zwei Texte und eine Kreaturenbeschreibung sich aufeinander beziehen und, je nachdem, ob einer, beide oder keiner der Texte Tatsachen beschreiben, eine jeweils eigene Wahrheit darstellen.

Auch bei tieferen Geheimnissen der Welt, die klassische Kandidaten für ein geheimes Spielleiterkapitel wären, wird ähnlich verfahren, sodass man als Spielgruppe gemeinsam auf dieser Grundlage eine eigene Wahrheit definieren kann, ohne in Widerspruch zum Buch zu geraten.

Diese Offenheit gerade in inhaltlichen Details ist extrem typisch für Fate Core, so dass man hier auch ein Lehrstück dafür erhält, wie Weltenbeschreibungen gerade bei Fate funktionieren könnten. Andernorts findet sich diese Freiheit ausschließlich in den Leerstellen der Beschreibung. Malmsturm – Länder des Sturms bietet settingkonforme Eigengestaltung auch in den ausführlich beschriebenen Punkten.

Malmsturm – Länder des Sturms

39,95 €
8.8

Layout

8.0/10

System

10.0/10

Setting

9.0/10

Preis/Leistung

8.0/10

Pros

  • Detaillierte und vielfältige Weltbeschreibung
  • Offenheit für eigene Ideen
  • Großer Schatz an Plotaufhängern

Cons

  • Man muss über kurz oder lang eigene Ideen einbringen, da die letzten Fragen offen gelassen werden.
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