Eine kurze Reise in Die Verbotenen Lande
Wie wir letzte Woche berichtet haben, hat der Uhrwerk Verlag ein Crowdfunding für die deutsche Lokalisierung von Die Verbotenen Lande gestartet. Auf der HeinzCon, die vom 8. bis zum 10. März in Norddeich stattfand, hatte ich die Gelegenheit, eine Runde in diesem System zu leiten.
An dieser Stelle möchte ich mich beim Uhrwerk Verlag bedanken. Als ich am Freitag beim Info-Stand die ausgestellte Box des Systems und die Regelwerke sah, fragte ich Patric Götz aus einer Laune heraus, ob ich mal das System ausprobieren dürfte. Nach kurzem Herumfragen wurden mir das Spieler- und das Spielleiterhandbuch in die Hand gedrückt und ich hatte zwei Nächte Zeit, mich auf meine Runde am Sonntagmorgen vorzubereiten.
Die Geschichte der Verbotenen Lande
Die Verbotenen Lande, in denen das Basisspiel stattfindet und für die eine doppelseitige Karte in der Starterbox beigefügt ist, sind ein Gebiet mit einer blutigen Geschichte. Einst die Heimat von Zwergen und Elfen, wurden sie von dem Volk der Menschen aus Gier und religiösem Eifer heraus angegriffen und besetzt. Vor Hunderten von Jahren aber bedeckte dann der Blutnebel die Lande und isolierte die Dörfer und Festungen voneinander. Das große Menschenreich erklärte das von hohen Gebirgen eingegrenzte Gebiet für verboten und überließ die verbotenen Lande seinem Schicksal.
Das Spiel beginnt, als nach langer Zeit der Blutnebel plötzlich verschwindet und die Welt wieder bereisbar wird. Die Spieler übernehmen die Rolle von einer Gruppe von Schurken und Räubern, die ihre neue Freiheit nun nutzen können, um Verliese nach Schätzen abzusuchen, eigene Festungen aufzubauen oder die zahlreichen Geheimnisse der Lande aufzuklären.
Eine Gruppe aus Schurken und Wilden
Wie schon angedeutet, sind die Charaktere in Die Verbotenen Lande sowohl von ihrer Bewegung auf der großen, mit Hexfeldern bedeckten Karte als auch moralisch völlig frei. Für meine Proberunde habe ich daher den Spielern erlaubt, sich ihren Startpunkt auf der Karte selbst auszusuchen. Sie entschieden sich für eines der großen Waldgebiete auf dem südöstlichen Teil der Karte. Eine Vorgabe machte ich allerdings: Die Gruppe war auf der Suche nach einem Verlies.
Ein Charakter in Die Verbotenen Lande wird aus zwei Teilen zusammengesetzt: Seine Rasse (Kin) gibt ihm ein besonderes Talent und seine Profession bestimmt die Ausrüstung und bevorzugten Fertigkeiten (Skills) des Charakters. Beide Module legen auch die Hauptattribute des Charakters fest, die der Charakter höher steigern kann als normalerweise. Wie hoch letztendlich die Attribute oder Fertigkeiten des Charakters ausfallen und welche Professions- und allgemeinen Talente er auswählt, kann der Spieler über die Verteilung von Punkten letztendlich selbst bestimmen. Hierbei spielt auch das Alter des Charakters eine Rolle. Ältere Charaktere haben weniger Attributspunkte, dafür aber mehr Punkte für Fertigkeiten und Talente.
Die Gruppe bestand letztendlich aus folgenden 6 Abenteurern:
- Ein orkischer Schurke
- Ein zwergischer Hexenmeister
- Ein menschlicher Druide
- Ein Halblingshändler
- Ein zwergischer Krieger
- Ein orkischer Reiter
Das Schöne an den Ausbildungen: Sie kommen mit einigen tollen Beispielen, wie sich der Charakter im Rollenspiel verhalten kann. Worauf ist der Charakter besonders stolz, was ist sein dunkles Geheimnis, was hält er von einem seiner Reisegefährten? Gerade der letzte Punkt hat den Spielern sehr gefallen, da sie so direkt eine Reihe von Optionen hatten, mit denen sie festlegen konnten, welche Themen sie im Rollenspiel mit ihren Charakteren anspielen wollten.
Attribute, Fertigkeiten und Talente
Wer die verwandten Systeme von Free League Publishing kennt, Mutant: Year Zero oder Coriolis, dem dürfte schon bekannt sein, wie die genannten Teile zusammenwirken. Aus Attributen und Fertigkeiten setzt sich ein Würfelpool zusammen, den die Spieler bei einer Probe würfeln. Jede 6 ist dabei ein Erfolg. Allerdings sollten die Würfel für Attribute und Fertigkeiten sowie für Bonuswürfel durch Ausrüstung farblich getrennt gehalten werden, denn das wird für die sogenannte Push-Mechanik wichtig.
Nach einem Wurf darf der Spieler sich entscheiden, jeden Würfel einmal neu zu würfeln, der nicht schon eine 6 oder eine 1 auf einem Attributs- oder Ausrüstungswürfel zeigt. Allerdings zählen alle Einsen auf diesen beiden Würfelsorten als ein Unglück (Bane) und die Spielfigur muss für jedes Unglück ihr benutztes Attribut oder den genutzten Gegenstandsbonus um 1 senken.
Das bedeutet, durch Pushen kann sich ein Charakter verausgaben und kampfunfähig werden oder seinen Gegenstand zerstören! Allerdings erhält er im Ausgleich nicht nur eine höhere Erfolgschance, sondern auch für jeden verlorenen Attributspunkt einen Willenskraftpunkt, mit dem er seine Rassen- und Professionstalente einsetzen kann.
Willenskraftpunkte sind besonders für die beiden magischen Professionen des Spiels essenziell, die Druiden und die Hexenmeister. Denn mit dieser Ressource betreiben sie ihre Zauber! Um also zaubern zu können, muss der Zauberwirker sich zuvor irgendwie verausgabt haben. In unserer Runde war es daher für den orkischen Druiden und den zwergischen Hexenmeister ganz gut, dass sie sich zuvor bei der Nahrungsuche und der Heilung eines erkrankten Gefährten jeweils verausgabten und sich dann vor dem Abstieg in das Verlies noch ausruhen konnen.
Eine Reise, die ist …
… ein wichtiger Schwerpunkt in der Sandkiste der verbotenen Lande. Daher sind die Regeln hierzu relativ genau und geben den Spielern klare Optionen avor Auch die Zeit ist klar definiert. Jeder Tag besteht aus vier Zeitabschnitten (Morgen, Tag, Abend, Nacht). In Verliesen und Dörfern wird die Zeit in Spielzügen zu je 15 Minuten gemessen und in Kämpfen gibt es natürlich die üblichen Runden.
Die Gruppe in meiner Runde konnte sich im Waldgebiet pro Vierteltag ein Hexfeld weit bewegen. Hierbei konnten sie im Vorfeld einen Pfadfinder und einen Späher auswählen. Diese Rolle übernahmen der Hexenmeister und der Druide. Während der Reise in ein neues Hexfeld kann es zu Zufallsbegegnungen kommen, wie in unserem Fall dem Fund eines Dämonenanbeters, der an einer tödlichen Krankheit verstorben war. Natürlich musste der gierige Halblingshändler erstmal das Bronzeamulett des Toten an sich nehmen und wurde daraufhin in der nächsten Nacht ebenfalls krank.
Dies war insofern problematisch, da er der Koch und Quartiermeister der Gruppe war. Ohne ihn hätte die Gruppe kein komfortables Lager aufbauen oder ihre gefundene Nahrung verwerten können. Zum Glück konnte ihn der Druide heilen und die Krankheitsquelle (d. h. den gefundenen Schatz) beseitigen, was zu einem schönen Konflikt zwischen den beiden geführt hat. So kam es, dass sich die Gruppe erst am nächsten Tag in das gefundene Verlies hinab wagen konnte.
Für ein kleines Verlies benötigen Sie …
… zwei sechsseitige Würfel, mehrere Seiten an Zufallstabellen, ein wenig Kreativität und einen Todesritter als Endboss. Mit Hilfe der Zufallstabellen aus dem Spielleiterhandbuch konnte ich relativ leicht eine verlassene Zwergenmine zusammenwürfeln, in der die Spielercharaktere Fallen überwinden, kaputte Aufzüge reparieren und schließlich einen zwergischen Todesritter besiegen konnten.
Hierbei zeigte sich auch die relative Tödlichkeit und die hohen Risiken des Pushens in Kämpfen: Der Zwergenkrieger war als erster am Zug und zertrümmerte bei seinem ersten gepushten Angriff gegen den Todesritter seinen eigenen Kriegshammer. Später versuchte der Druide den in Brand geratenen Halblingshändler zu löschen und verausgabte sich dabei völlig. Dazu kam, dass neben dem Pushen Attributspunkte auch durch Angriffe des Feindes gesenkt wurden.
Sinkt ein Attribut durch Angriffe auf 0, wird auf eine Tabelle für kritische Verletzungen gewürfelt. Meine Spieler hatten dabei Glück in diesem Kampf: Der Hexenmeister brach sich nur seine Rippen, als ihn der Todesritter mit Geisteskraft durch die Minenkorridore warf und der Zwergenkrieger holte sich nur eine Gehirnerschütterung, als er mit voller Wucht auf den Boden geworfen wurde. Im schlimmsten Falle hätte es den beiden aber auch ihre Schädel zerschmettern können, was den sofortigen Tod bedeutet hätte.
Letztendlich war die Gruppe siegreich, doch drei Abenteuerer waren nach dem Kampf erschöpft und einer tödlich verwundet. Dafür fand die Gruppe ein wunderschönes Tischchen aus Gold als Schatz. Warum hat der Todesritter diesen Schatz wohl bewacht? Dies wäre wohl ein guter Aufhänger für ein Folgeabenteuer.
Ein paar Gedanken zu Die Verbotenen Lande
Die Runde hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich hatte im Vorfeld keinerlei Erfahrung mit sogenannten Hexploration-Abenteuern. Doch die Karte war gut vorbereitet, die Charaktere waren überraschend einzigartig, trotz den eher begrenzten Optionen, und die Regeln vermittelten gut das Gefühl einer brutalen, aber nicht unbezwingbaren Welt. Risiken einzugehen lohnt sich und die Welt ist in der Tat wunderbar offen aufgebaut. Der Spielleiter bekommt genug Material an die Hand, um die Welt auszufüllen, so dass man an jeder Ecke und an jedem Ende etwas Interessantes entdecken kann.
Nur eine Sache hat mir gefehlt: Als SL hätte ich gerne eine Schnellübersicht zur Hand gehabt, mit der ich leichter nachschauen könnte, wofür bestimmte Fertigkeiten benötigt werden und welche Auswirkungen gerade Waffen und Rüstungen haben. Aber in den meisten Fällen waren die Informationen gerade im Spielleiterhandbuch gut sortiert und übersichtlich. Hoffnung gibt hier der Spielleiterschirm, den es auch geben wird.
Insgesamt denke ich, dass gerade Fans von offenen Sandkisten, gefährlichen, aber nicht unmöglichen Herausforderungen und eher düsteren Fantasysettings großen Spaß in den Verbotenen Landen haben werden. Es war für mich als Neuling in diesem Genre auf jeden Fall ein sehr hilfreicher Einstieg und ich habe nun viele neue und nützliche Tricks gelernt, um auch mit anderen Systemen Entdeckungs- und Pionierabenteuer einfacher und übersichtlicher leiten zu können. Sollte ich die Chance dazu haben, würde ich auch in Zukunft entweder Abenteuer in den Verbotenen Landen leiten oder als Spieler selbst erleben wollen.
Hört sich eigentlich ganz gut an. Bin gespannt auf die Festungsbau-Elemente. 🙂
Danke Seldom, sehr gut geschrieben. Leider bestärkt mich das darin, dass die Verbotenen Lande nichts für mich sind. Für Hexfeld-Freunde dürfte das Spiel aber ziemlich gut geeignet sein, die Free League Sachen sind bisher immer Top gewesen!
Erinnert mich auch an Pathfinder Kingmaker mit den Hexfeldern , ich freu mich aber drauf. Brauche nur Spieler dafür 😀
Man sollte bedenken, dass es neben den „Würfel dir dein Random-Dungeon und deine Random-Begegnungen zusammen“ auch noch „Adventure Sites“ gibt, die ausgearbeiteten Abenteuer-Settings entsprechen. Man hat hier immer die Wahl, wo man diese Adventure-Site platziert.
Man kann also bzw. entscheiden, dass bei der nächsten Sitzung auf jeden Fall eine ausgesuchte Adventure-Site gespielt wird.
…oder man macht sich als SL die Mühe und verteilt die Adventure-Sites auf der Karte und schaut mal, wo die Spieler so lang laufen…
Mich würde das System auch nicht so reizen, wenn es nur mit ausgewürfeltem Content funktionieren würde. Das wäre mir auf Dauer vermutlich zu öde. Aber ich finde es hat einen tollen Mehrwert und kann auch als Inspiration für ausgefeilte Dungeons dienen.
Danke für den Tipp! Wahrscheinlich war eine Adventure-Site für ein Con Schnellabenteuer zu viel. Ich hatte mich auch schon gefragt, wo diese Sites hingehören. So macht das alles noch mehr Sinn und klingt sogar noch viel schöner 🙂