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Blood Feud – Männlichkeit um jeden Preis?

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Wikinger sind ja gerade im Trend. Assassin’s Creed Valhalla und die TV-Serie Vikings, aber auch schon God of War haben den Zeitgeist erkannt und geben das wieder, was wir so von Wikingern erwarten: Schifffahrt, harte Winter, Kampf und natürlich „echte“ Männer. Dass dieses Bild vielleicht nicht so förderlich ist, soll uns dagegen Blood Feud vor Augen führen. Das neue schwedische Indie-Spiel von Alf Peter Malmberg und Amos Johan Persson ist das erste internationale Spiel von Bläckfisk Förlag. In diesem Pen & Paper Rollenspiel spielt ihr Wikinger und erforscht Konzepte und Konsequenzen von toxischer Männlichkeit.

Toxische Männlichkeit hinterfragen mit Blood Feud

Die Prämisse in Blood Feud ist eigentlich ganz einfach: Ihr seid alle Männer. Ihr seid Wikinger. Euer Status hängt allein von eurer Ehre und damit zusammenhängend von eurer Männlichkeit ab. Das Spiel läuft komplett ohne Spielleiter ab, der Plot wird durch die Spieler selbst voran getrieben. Dafür fordern sie sich gegenseitig heraus, greifen ihre Ehre an und interagieren mit NSC wie ihren Frauen, Kindern und Freunden. Auf diese Weise verlieren und gewinnen Spieler Ehre. Die Handlung kann dabei leicht eskalieren. Und das soll sie auch, denn alles in Blood Feud, Darstellung von Handlungsmöglichkeiten, Behandlung von Frauen und Kindern und so weiter, zielt darauf ab die Sinnlosigkeit toxischer Männlichkeit anzuprangern.

Learning by doing sozusagen. Schon die namensgebende Blutrache fällt in diesen Bereich, wenn auch als Extrembeispiel. Jede getötete Person muss gerächt werden. Daraus eskaliert schon eine Spirale aus Rache und Mord. Wer die Fehde beilegen möchte, bekommt aber anders als ihre Vollstrecker keine Ehre. Und der Weg zu diesem Ziel ist steinig. Blood Feud fordert von seinen Charakteren, ständig bereit zur Eskalation zu sein. Bei jeder vermeintlichen Verletzung der eigenen Ehre soll schnell und oft brutal reagiert werden. Zuletzt dreht sich das Spiel auch um die Beziehungen zwischen den gespielten Männern. Sie schauen entweder aufeinander herab oder zueinander auf. Das beeinflusst nicht nur die Handlung, sondern auch, auf welche Weise sie Ehre gewinnen oder verlieren.

Keine Würfel, kein Spielleiter, ganz viel Eskalation

Blood Feud funktioniert nicht nur ohne Spielleiter, sondern auch ohne Würfel. Man benötigt lediglich Tokens für Ehre. Die Handlung baut sich im Dialog auf, es ist ein klassisches Erzählspiel. Außerdem gibt es mehrere Moves, die ähnlich wie bei Powered by the Apocalypse ausgelöst werden können. Je nachdem, mit wem der Charakter interagiert und wie sein Umfeld reagiert, kann er Ehre gewinnen oder verlieren. Oft eskaliert die Situation und mehrere Fronten bilden sich. Dann muss man mit Ehre im Prinzip pokern, immer weiter eskalieren oder aufgeben und sämtliche eingesetzte Ehre dem Gegner überlassen. Natürlich steht einem eine letzte Option immer offen: Das Gegenüber umbringen.

Kritik und Diskussion über Blood Feud

Blood Feud ist definitiv ein Spiel, das intensiv gespielt und anschließend besprochen werden will. Es ist speziell für Männer entwickelt worden, um toxische Männlichkeit zu erklären und zu hinterfragen. Auch Sexismus spielt mehr oder weniger subtil eine Rolle.

Das Spiel hat seit der Veröffentlichung der Playtest-Regeln auch schon einiges an Kritik erfahren. Auf den ersten Blick sieht es auch aus wie ein weiteres klischeehaftes Wikinger-Spiel, offensichtlich von Männern erdacht und für Männer konzipiert. Persson selbst beantwortet einige der Fragen in einem Designer FAQ. Persson identifiziert sich als nicht-binär und gehört der queeren Indie-Szene Schwedens an. Das Spiel stellt absichtlich veraltete und überzogene Verhaltensweisen und Perspektiven dar. Immerhin können nur so Probleme toxischer Männlichkeit aufgezeigt werden. Auch auf die Kritik, man versteife sich zu sehr auf den queeren Inhalt des Spiels, nicht genug auf Wikinger, reagiert Persson. Denn die benutzten Hierarchien und Strukturen finden sich genau so in den alten Sagas, tatsächlich komme unsere moderne Gesellschaft erst am Schluss bei der Nachbesprechung ins Spiel:

Something that the sagas do tell us a lot about is the thing we’ve chosen to focus on: how men behave towards each other and the hierarchies they construct. […] The only point where this game is about our culture is at the very end where we ask our players to do a compare and contrast. What elements of Viking masculinity match what’s masculine today and what is different? Are the consequences of these masculine behaviours the same today or are they different?

Blood Feud FAQ with Amos

Perspektivenwechsel mit kostenlosem Playtest

Neugierige können schon jetzt kostenlos die Playtest-Regeln von Blood Feud ausprobieren. Das Spiel sticht zumindest aus der Flut von stereotypischen, männer-zentrischen Wikinger-Settings heraus und bringt frischen Wind und neue Perspektiven mit sich. Dass sich Rollenspiele auch zum Lernen eignen, ist ebenfalls nichts Neues. Und warum nicht einmal seine eigenen Perspektiven hinterfragen und sich mit Freunden diesem zugegeben manchmal unangenehmen Thema annehmen?

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Oil

Und warum nicht einmal seine eigenen Perspektiven hinterfragen und sich mit Freunden diesem zugegeben manchmal unangenehmen Thema annehmen?

Ein guter Grund gar nicht erst damit zu beginnen steht ja schon Artikel. Wenn nicht mehr genutzte und grundsätzlich überzogene Situationen generiert werden müssen um überhaupt irgendetwas aufzuzeigen und nachzuweisen, dann scheint mir der Stress so ein Spiel zu spielen deutlich größer als der Nutzen. Von dem Sinn möchte ich gar nicht erst anfangen.

Aus dem Artikel:

Das Spiel stellt absichtlich veraltete und überzogene Verhaltensweisen und Perspektiven dar. Immerhin können nur so Probleme toxischer Männlichkeit aufgezeigt werden.

Tony

Ich habe gestern God of War (2018) angespielt – toxische Männlichkeit und deren Sinnlosigkeit wird auch in God of War aufgezeigt – mit meiner Meinung nach ähnlichen Methoden, wie beschrieben.

Zuletzt bearbeitet 3 Jahre zuvor von Tony
Konfuzius

Leute mit Testosteronüberschuss werden es wegen eh schon fehlender Sensibilität und vorhandener Ignoranz sowieso nicht spielen. Und jene, die es von der Thematik her interessant und sogar für spielenswert erachten, werden bereits selbstreflektierend genug sein. Was das Spiel eigentlich schon obsolet macht.

Luke Finewalker

Vielleicht gibt es ja auch Leute, die sich zwischen diesen beiden Extrempunkten befinden und das Konzept interessant finden. 🙂

Konfuzius

Gut, das mag sein. Die „Gschmäckle“ sind halt verschieden. Meins wäre es aber nicht.
Freue mich aber trotzdem auf die täglichen News bei Euch.

Frohe Feiertage!

Zuletzt bearbeitet 3 Jahre zuvor von Konfuzius
Luke Finewalker

Die Rollenspielwelt ist 2020 so vielfältig wie noch nie zuvor. Dabei werden natürlich auch alle erdenklichen Nischen ausgelotet und längst nicht alles ist für jeden interessant oder auch geeignet. Aber ich finde es großartig, dass die Leute das Medium Rollenspiel in so viele unterschiedliche Richtungen weiterdenken und für unterschiedlichste Zwecke einsetzen und nicht alle immer nur Klone oder Neuauflagen desselben traditionellen Fantasy-Spiels wie vor 3W20 Jahren rausbringen. 🙂

Dir auch schöne Feiertage!

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