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Anpassungen des Settings bei Fate Core – ein Essay

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Als Universalsystem müssen bei Fate Core natürlich Setting-Anpassungen vorgenommen werden. Zwar kann man grundsätzlich auch mit den Vorgaben aus Fate Core die allermeisten Settings irgendwie bespielen, aber mit kleinen Anpassungen läuft das Spiel später glatter und stimmiger.

Doch keine Sorge, dazu ist kein hundertseitiger Katalog von Hausregeln nötig. Fate ist ein sehr robustes System, das wenige Stellschrauben hat, an denen man drehen kann und muss. Denn schließlich sind diese auch zum Verstellen vorgesehen.

Warum überhaupt Fate Core anpassen?

Wie erwähnt funktioniert Fate Core gut mit den Grundeinstellungen. Aber damit sich das Setting auch so anfühlt, wie es sich anfühlen soll, damit das hinreichend geregelt ist, was eine besondere Rolle im Spiel spielt, damit durch Sonderregeln kein unnötiger Regelballast mit herumgeschleppt wird, sollte man Fate an das Setting anpassen.

Begrifflichkeiten sollten zum Genre gehören. Auch die Regeln zu Wettstreiten, Herausforderungen und Konflikten sollten auf bisher dafür nicht vorgesehene Bereiche ausgedehnt werden, wenn diese eine entsprechende Rolle im Spiel erhalten und sofern sie in der Kampagne eine besondere Rolle erhalten. Gleichzeitig sollte das, was keine besondere Rolle spielt, auch wieder heruntergeregelt werden, damit es dem Spiel nicht im Weg steht.

Denn grundsätzlich gilt, dass mehr Regeln einerseits mehr Handlungssicherheit geben, andererseits aber auch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Wenn man in einem bestimmten Bereich für das Setting allgemein oder die Kampagne speziell mehr Klarheit benötigt, wie das abläuft, oder wenn dieser Bereich auch so wichtig ist, dass es sich lohnt damit mehr Zeit am Spieltisch zu verbringen, dann lohnt es sich, hier die Regeldichte zu erhöhen.

Wenn andere Bereich aber weniger oder keine Rolle spielen sollen, dann kann man die dazugehörigen Regeln auch entfernen.
Doch wo sind nun die Stellschrauben?

Fertigkeiten anpassen

Die häufigste und auf den ersten Blick einfachste, sicherlich aber die naheliegendste Stellschraube ist die Fertigkeitenliste.

Umbenennen

Vielfach ist es mit einer Umbenennung der einzelner Fertigkeiten getan, um das Setting zu betonen. Fate Core gibt uns u. a. die Fertigkeiten Fahren, Handwerk und Wissen.

Liegt ein Fantasy-Setting vor, wie Malmsturm, kann und sollte man z. B. Fahren in Lenken umbenennen, damit es sich stimmiger anfühlt, diese Fertigkeit auch beim Reiten anzuwenden. Aus Wissen könnte man Gelehrsamkeit machen, um das Bild des Gelehrten mit dem dicken Buch voller Pergamentseiten zu beschwören. Liegt ein Weltraum-Setting vor, kann man Fahren besser in Pilot, Handwerk besser in Technik und Wissen in Wissenschaft umbenennen.

Hinzufügen

Auch neue Fertigkeiten hinzuzufügen, dient dazu, Fate Core an das jeweilige Setting anzupassen.

Fate Core sieht standardmäßig keine große regeltechnische Ausgestaltung von z. B. Überlandreisen vor. Getreu dem Motto „Das Ziel ist das Ziel“ kann man die Reise auf fünf Gefährten herunterbrechen, die einen Bergrücken entlang marschieren. Nach einer kurzen Beschreibung kommen die Protagonisten am Zielort an und die eigentlich angestrebte Handlung beginnt. Aber wenn eben die Gefahren der Reise, oder auch ein Scheitern der Reise eine Rolle spielen soll, dann kann man z. B. eine Fertigkeit namens Überleben hinzufügen. Auch bei diesem Gedanken stand Malmsturm Pate.

Das Ergänzen einer oder mehrerer Magieschulen als Fertigkeiten wie z. B. bei Seelenfänger, ist eine von mehreren Möglichkeiten, Magie in die Welt einzubinden. Bei Seelenfänger beherrscht der eine vielleicht Schildmagie, um seine Gefährten zu beschützen, oder Hellsichtmagie, um seine Wahrnehmung über das menschliche Normalmaß hinaus zu erweitern.

Wer die Serie Der Prinz der Drachen kennt, würde dort vermutlich jeder Quelle der Magie eine eigene Fertigkeit zuweisen. Für ein Science-Fiction-Setting könnte man als Anpassung Hacking oder Astronavigation ergänzen, um diese Bereiche stärker zu betonen. Wichtig ist vor allem, dass Erfolg und Misserfolg in diesen Bereichen gleichermaßen eine Rolle spielen sollen.

Splitten

Auch kann man die Bereiche der regulären, sehr breiten Fertigkeiten aus Fate Core auf separate Fertigkeiten aufteilen. Aus Kämpfen könnte Waffenloser Kampf und Bewaffneter Nahkampf werden. Damit könnte man z. B. klar regeln, wann man den Gegner zwar ausschaltet, aber am Leben lässt, und wann man ihn tötet. Wenn es gewollt ist, dass der Barbaren-Krieger Probleme bekommt, wenn er bei der Kneipenschlägerei Bewaffneten Nahkampf eingesetzt hat, wenn es gewollt ist, dass er dadurch aber seine Unzivilisiertheit darstellen kann, ist das eine Option.

In einem Science-Fiction-Setting könnte man Wissen in diverse Einzelwissenschaften aufspalten, z. B. weil man das Forscherteam an Bord eines Forschungsschiffes spielt. So könnte sich der Xenobiologe durch die Fertigkeit Xenobiologie vom Astrophysiker mit seiner Fertigkeit Astrophysik abgrenzen, anstatt dass alle Protagonisten Wissen auf +4 setzen. Dieses Beispiel setzt aber auch ein Team von verschiedenen Wissenschaftlern voraus. Spielt man eher eine vollständige Brücken-Crew, sollte der einzige Wissenschaftler auf der Brücke auch einfach die Fertigkeit Wissenschaft haben. Dadurch grenzt er sich genug vom Chef-Ingenieur mit der Fertigkeit Technik und dem Taktischen Offizier mit der Fertigkeit Kommandieren ab.

Mindjammer hat aus den beiden Fertigkeiten Handwerk und Wissen (englisch Craft und Lore) drei gemacht: Wissen, Technik und Wissenschaft (Technical, Knowledge und Science), um das Haben von Kenntnissen, das Anwenden von Kenntnissen und das Gewinnen neuer Kenntnisse voneinander abzugrenzen.

Tilgen

Man kann auch Fertigkeiten aus der Liste tilgen, um den Ablauf der Handlung entsprechend durch diese Einschränkung zu steuern.

Möchte man z. B. ein gewaltfreies Spiel schaffen, kann man Kämpfen und Schießen entfernen. So würden sich die Spieler gezwungen sehen, andere Lösungswege zu finden. Sollen Geld und Besitz keine Rolle spielen, weil man in einem zukünftigen Utopia spielt, das durch Replikatoren wie bei Star Trek alle Güter bereitstellt, dürfte man getrost auf die Fertigkeit Ressourcen verzichten können.

Zusammenlegen

Sollen bestimmte Bereiche zwar in der Handlung vorkommen, aber eine geringere Rolle spielen, empfiehlt es sich, verwandte Fertigkeiten als Anpassung zusammenzulegen.

Soll Gewalt als Lösung grundsätzlich bereit stehen, aber keinen Schwerpunkt bilden, der viele Fertigkeitspunkte bindet, kann man Kämpfen und Schießen z.B. unter Gewalt zusammenlegen. Spielt man Figuren von höchster moralischer Integrität, benötigt man keine eigene Fertigkeit Täuschung mehr. Deren Aufgaben können ggf. Charisma und Provozieren mit abdecken.

Folgen der Veränderung

Während eine reine Umbenennung nur die Stimmung des Spiels verändert, führt eine Anpassung der Gesamtzahl der Fertigkeit zu einer Veränderung der Macht der Figuren. Erhöht man die Menge der Fertigkeiten deutlich, kann man bei einer 4er-Pyramide mit seinen 10 Fertigkeiten nur einen kleineren Anteil der Fertigkeiten und damit der Handlungsmöglichkeiten abdecken. Gibt es viele separate Wissensfertigkeiten, würde es einen riesigen Anteil der Fertigkeiten binden, um sich quasi mit allem auszukennen. Gibt es nur Wissen, genügt ein einziger Fertigkeitsplatz, um der Wissenscharakter der Runde zu sein.

Senkt man die Zahl der Fertigkeiten, erzielt man den gegenteiligen Effekt. Ein Extremfall hierfür wäre Turbo-Fate, das nur sechs Fertigkeiten aufweist, die Methoden, wie man etwas macht. Um der Machtveränderung entgegenzusteuern, muss man für die Charaktererschaffung die Menge der Fertigkeiten verändern. Man kann z. B. mit einer 5er-Pyramide starten, um mehr Fertigkeiten zur Verfügung zu haben, oder mit einer 3er-Pyramide, um den Spielern weniger Fertigkeiten zu geben.

Wenn man dem Spiel z. B. 19 separate Magieschulen wie in Splittermond als Fertigkeiten hinzufügt, von denen jeder Protagonist mehrere erlernen können soll, würde man ohne eine Erhöhung der Fertigkeitenpyramide einen Zauberer zu sehr auf Magie einschränken. Natürlich kann man durch eine Veränderung der Fertigkeitenliste gezielt das Machtniveau verändern, aber hier wäre es doch einfacher, die Höhe der Fertigkeitenpyramide zu verändern.

Stunts anpassen

Wie bei den Fertigkeiten könnte man auch die Namen der Stunts aus Fate Core an das Setting anpassen.

Das Verschwinden des Ninja z. B. wäre ein unpassender Name, wenn man das Bild von Ninjas im Setting als störend empfinden könnte. Ggf. wäre Verschwinden im Schatten ein passenderer Name für ein Setting, das an Afrika vor der Kolonialzeit angelehnt ist.

Doch auch die Struktur der Stunts hat großen Einfluss:
Malmsturm z. B. untersagt ausdrücklich Ausrüstungsstunts, um die Fähigkeiten des Charakters zu betonen.

Auch der Zugang zur Magie wird hierbei über Stunts reguliert, in dem Fall Stunts im Wert von vier Stunts, um eine magische Tradition wie die des Runengelehrten zu erlernen.

Ebenso kann man Stunts benutzen, um Fertigkeiten zu verändern.
Wenn es, wie bei Mindjammer, z. B. den Stunt Bordschütze (Gunnery) gibt, bedeutet das, dass man nur mit Schießen allein nicht die Bordgeschütze bedienen kann. Da es dort den Stunt Raumschiffpilot (Starship Pilot) gibt, hat man ohne diesen Stunt nicht die Möglichkeit, das Schiff mit Pilot durch den Weltraum zu steuern.

Zwar hätte man dasselbe mit eigenen gleichnamigen Fertigkeiten erzielen können, doch über die Stunts erhöht man etwas die Kompetenz der Charaktere, da man in dem Fall mit der Fertigkeit Pilot auf +4 und dem Stunt Starship Pilot beide Bereiche mit dem Wert +4 abdeckt.

Insgesamt kann man über Stunts regulieren, wie außergewöhnlich die Charaktere sind. Lässt man Superkraft-Stunts zu, erhält man eben Superhelden.

Erholungsrate anpassen

Indem man die Erholungsrate, also die Menge der zu Sitzungsbeginn zur Verfügung stehenden Fate-Punkte anpasst, verändert man auch die Macht, da mit einer erhöhten Erholungsrate auch mehr Stunts gekauft werden können.

Auch kann man gleich festlegen, wie viele Punkte der Erholungsrate in Stunts investiert werden dürfen bzw. müssen. So kann man festlegen, wie flexibel die Charaktere sind.

Stress und Konsequenzen anpassen

Durch das Hinzufügen eines eigenen Stressbalkens als Kampagnen-Anpassung kann man ein neues Konfliktfeld erschaffen. Möchte man es zu einem wichtigen Teil der Handlung machen, andere aus ihrer sozialen Position zu vertreiben, z. B. weil man ein intrigenreiches Setting wie Barbaricum bespielt, in dem Adlige um Macht und Einfluss ringen, kann man einen sozialen Stressbalken hinzufügen.

Anstatt nun den Senator Lucius Cornelius Agrippa mit einer einsamen Charisma-Probe vor den Augen des Kaisers lediglich zu überwinden, könnte man ihm nun in einem dramatischen Wortgefecht Argument um Argument, Beleidigung um Beleidigung, Sozialen Stress zufügen und so in einem verbalen Endkampf den Schurken besiegen. Das Ausschalten wäre dann quasi eine Extreme Konsequenz, so dass aus dem Intriganten Senator und zukünftigen Heermeister nun ein Rachsüchtiger Adliger im Exil wird.

Stellt der Kampf um Gewinn und Reichtum im Fokus der Handlung, wäre es auch möglich, wirtschaftlichen Stress hinzuzufügen. Anstelle einer Fleischwunde als Konsequenz könnte man nun auch Verlorene Aktienpakete erleiden. Wird man ausgeschaltet, müsste man das Wort Bankrott ins Konzept einarbeiten.

Man kann aber auch Stressbalken entfernen. Turbo-Fate hat den körperlichen und den geistigen Stressbalken zusammengelegt, um schneller zu sein: Egal ob durch ein scharfes Schwert oder eine scharfe Zunge, der Gegner ist ausgeschaltet.

Aspekte anpassen

Die Aspekte wiederum haben weder Einfluss auf die Macht der Charaktere noch auf die Konfliktfelder. Sie können jedoch viel bedeutender sein: Sie regulieren das Wesen der Charaktere selbst. Zwar dürfte das Konzept als Aspekt in dieser Form bleiben. Aber tauscht man – wie bei Masters of Umdaar – das Dilemma durch eine Motivation, gibt es keinen schwächenden Aspekt mehr, sodass die Charaktere, dem Ziel des Spiels gemäß, plakative Helden und Schurken werden. Sie leiden nicht, sie wollen etwas erreichen.

Das Phasentrio von Fate Core legt zwei Aspekte nahe, die die Beziehungen zu mindestens zwei anderen Protagonisten darstellen. Dadurch wird die Situation innerhalb der Gruppe betont. Setzt man jedoch wie bei Malmsturm anstelle einer SC-Beziehung eine NSC-Beziehung, verflechtet man die Charaktere stärker mit ihrer Umwelt.

Wenn man als Anpassung z. B. das Sternzeichen des Charakters in die Aspekte einbezieht – sei es als eigener Aspekt, sei es als notwendiger Teil eines anderen Aspektes – betont man sehr, dass Astrologie im Setting eine Rolle spielen soll.

Mindjammer ist ein Science-Fiction-Setting, das sich um kulturelle Konflikte zwischen interstellaren Zivilisationen dreht. Das wird dadurch betont, dass jeder Charakter einen Teil seiner Kultur in einem separaten Aspekt für ihn als besonders bedeutsam herausstellen muss.

Fazit – Setting bei Fate Core anpassen

Fate Core bietet gute und einfache Möglichkeiten, das Spiel an das Setting oder die Kampagne anzupassen. Für den Hausgebrauch sollte man mit etwas Erfahrung an einem Abend die passenden Anpassungen vorgenommen haben. Für eine Veröffentlichung dauert das natürlich länger.

Einerseits möchte ich hier zum Mut aufrufen, das zu versuchen. Probiert es mal aus und lasst eurer Phantasie freien Lauf. Andererseits ist die Warnung angebracht, dass man zu schnell unnötige Elemente ins Spiel bringt, die das Spiel mehr belasten als weiterbringen. Überspitzt formuliert: Wenn man aus dem Besteigen einer Treppe einen vollständigen Konflikt baut, wenn man dazu der Treppe einen Höhenmeter-Stressbalken gibt, den man mit Athletik angreift, während die Treppe durch ihre Fertigkeit Höhe dem Charakter körperlichen Schaden zufügt, dann wird das Erreichen jeder neuen Etage zu einem echten Kampf und am Ende zu einem Krampf.

Überlegt gut, ob ihr etwas hinzufügen müsst, ob es nicht genügt, einfach nur ein paar Elemente umzubenennen. Als guter Weg hat sich erwiesen, erst Mechanismen hinzuzufügen, zu schauen, wo das dann im Weg steht, und dann das wieder zu entfernen, was am Ende tatsächlich im Weg war.

Versucht es mal und schreibt uns dazu etwas in den Kommentaren. Gerne auch, wenn ihr schon mal eigene Fate-Anpassungen vorgenommen habt und wie diese sich im Spiel bewährt haben.

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